Wackel, wackel
So schön das Hotelzimmer auf Dienstreisen auch ist (diesmal mit ovaler Badewanne hinter halbrunder Glaswand, sehr schick), so schön ist es auch freitags wieder nach Hause fliegen zu können. Der erste Flug von Ankara nach Istanbul vergeht problemlos, umsteigen in den Nachbarflieger, leider nicht direkt, sondern erstmal vom nationalen in das internationale Terminal laufen, dann Schlange stehen an der Passkontrolle, schnell noch im Duty Free ein Schnäppchen erstehen, eine Flasche Wasser aus dem Automaten holen, wieder Schlange stehen beim Security-Check und ab zum Gate. Ein Drittel aller Mitreisenden trägt weiße Kleidung. Alles an ihnen ist weiß, das Kopftuch, die Kleider, die Socken. Dazu Biolatschen und ganz viele Taschen. Schnell werden noch E-Mail-Adressen ausgetauscht, Fotos auf der Kamera gezeigt. Sie kommen von der Hadsch.
Einsteigen mit einer halben Stunde Verspätung. Zeitungen? Gibt es heute keine. Nichtmal türkische. Mein Platz ist im hinteren Drittel des Fliegers, ein B-Platz. Mittelplätze sind am schlimmsten. Man kann sich nicht am Fenster anlehnen, um zu schlafen, aber auch nicht einfach aufstehen, um zur Toilette zu gehen. Heute wird beides noch schwerer: Die Dame neben mir hat eine Katze dabei. Sie kommt als letzte rein und braucht Hilfe beim Anschnallen. Dann stellt sie sich das lila Katzenkörbchen auf den Schoß. Es stinkt.
Kaum sind wir abgehoben, krallt sie ihre Finger in den Vordersitz, wird ganz unruhig und murmelt "Anx, Anx!" Ich vermute Flugangst. Sie zeigt mit dem Finger nach oben. Spricht sie mit Gott? Nein, sie braucht Hilfe. Ich drücke den Serviceschalter und öffne schonmal die Kotztüte. Eine Stewardess kommt und versucht sie zu beruhigen. Sie bekommt einen Tee. Dann schaut sie mich mit angsterfüllten Augen an: "wackel, wackel, so wackel". Ich muss mir das Lachen verkneifen. Meine andere Sitznachbarin übernimmt jetzt die Beruhigung: "Das ist normal, wenn wir durch Wolken fliegen. Das geht vorbei." Die Frau wieder: "Wackel, wackel, sonst nie wackel!", dabei spuckt sie unaufhörlich kleine Tröpfchen auf meine Hand. Wie eklig. Sie kramt in ihrer Handtasche und holt ein Wässerchen hervor, das nach einer Mischung aus 4711 und WC-Stein riecht. Sie benetzt ihre Schläfen. Zusammen mit dem Gestank der Katze ist das eine sehr unangenehme Kombination. Endlich kommt das Essen, ich hoffe auf Ablenkung. Das letzte Tablett geht an meine Nachbarin. Dann ist es aus, mein Tisch bleibt leer. Ich nehme auch Beef, wenn Chicken alle ist. Obwohl ich mich drei Tage von Beef ernährt habe und meinem Magen das nicht gut gefällt. Er knurrt. Ich will doch einfach nur was zu essen. Nach einer Ewigkeit zaubert der freundliche Steward dann doch noch eine Portion für mich hervor. Die Katze streckt ihre Krallen nach meinem Beef aus. Ein Glück, dass ich nicht allergisch bin! Nach dem Essen geht die Flugangst wieder los. Ich stelle mich schlafend. Meine linke Nachbarin kümmert sich ja um meine rechte Nachbarin. Sie sagt: "Schauen Sie mal, Ihre Katze ist auch ganz ruhig." "Alf, Alf" antwortet sie, spuckt auf meine Hände und öffnet den Käfig. Was sie eigentlich sagen will: "Die Katze ist schon sehr alt, sie hört nichts mehr. Es ist nämlich sehr laut heute im Flieger und das macht mir Angst." Sie reißt ein Stück von dem Klopapier ab, mit dem der Katzenkäfig ausgepolstert ist, und steckt es sich in die Ohren. Endlich Ruhe. Wären da nicht die Passagiere aus der Reihe hinter mehr, die mit ihren Bechern unentwegt an die Sitze klopfen, damit sie noch mehr Tee bekommen. Ich will hier weg. Nach drei Stunden landet der Flieger im schneebedeckten Berlin. Die Flugangstfrau bekommt Platzangst. Ich sage etwas, doch sie hört nichts. Sie japst nach Luft und schreit die Leute an. "Schnell! Gehen! Raus!" Ich nehme den dreckigen Katzenkorb mit meinen vollgespuckten Händen auf meinen Schoß. Es reicht. Aussteigen! Anstehen an der Passkontrolle. Warten am Gepäckband. Statt unserer Koffer kommen hunderte Kanister mit Wasser. Bestimmt heiliges Wasser. Als wir endlich zum Ausgang kommen, werden die Weißen wie Popstars empfangen. Gekreische, Gedrängel, ausgestreckte Arme wohin man schaut. Das Ausgänge sind dicht, die Videokameras der Abholer laufen. Bitte, bitte lasst mich einfach nur hier raus. Ich drängle mich durch bis zum Taxi. Nach Hause!
Einsteigen mit einer halben Stunde Verspätung. Zeitungen? Gibt es heute keine. Nichtmal türkische. Mein Platz ist im hinteren Drittel des Fliegers, ein B-Platz. Mittelplätze sind am schlimmsten. Man kann sich nicht am Fenster anlehnen, um zu schlafen, aber auch nicht einfach aufstehen, um zur Toilette zu gehen. Heute wird beides noch schwerer: Die Dame neben mir hat eine Katze dabei. Sie kommt als letzte rein und braucht Hilfe beim Anschnallen. Dann stellt sie sich das lila Katzenkörbchen auf den Schoß. Es stinkt.
Kaum sind wir abgehoben, krallt sie ihre Finger in den Vordersitz, wird ganz unruhig und murmelt "Anx, Anx!" Ich vermute Flugangst. Sie zeigt mit dem Finger nach oben. Spricht sie mit Gott? Nein, sie braucht Hilfe. Ich drücke den Serviceschalter und öffne schonmal die Kotztüte. Eine Stewardess kommt und versucht sie zu beruhigen. Sie bekommt einen Tee. Dann schaut sie mich mit angsterfüllten Augen an: "wackel, wackel, so wackel". Ich muss mir das Lachen verkneifen. Meine andere Sitznachbarin übernimmt jetzt die Beruhigung: "Das ist normal, wenn wir durch Wolken fliegen. Das geht vorbei." Die Frau wieder: "Wackel, wackel, sonst nie wackel!", dabei spuckt sie unaufhörlich kleine Tröpfchen auf meine Hand. Wie eklig. Sie kramt in ihrer Handtasche und holt ein Wässerchen hervor, das nach einer Mischung aus 4711 und WC-Stein riecht. Sie benetzt ihre Schläfen. Zusammen mit dem Gestank der Katze ist das eine sehr unangenehme Kombination. Endlich kommt das Essen, ich hoffe auf Ablenkung. Das letzte Tablett geht an meine Nachbarin. Dann ist es aus, mein Tisch bleibt leer. Ich nehme auch Beef, wenn Chicken alle ist. Obwohl ich mich drei Tage von Beef ernährt habe und meinem Magen das nicht gut gefällt. Er knurrt. Ich will doch einfach nur was zu essen. Nach einer Ewigkeit zaubert der freundliche Steward dann doch noch eine Portion für mich hervor. Die Katze streckt ihre Krallen nach meinem Beef aus. Ein Glück, dass ich nicht allergisch bin! Nach dem Essen geht die Flugangst wieder los. Ich stelle mich schlafend. Meine linke Nachbarin kümmert sich ja um meine rechte Nachbarin. Sie sagt: "Schauen Sie mal, Ihre Katze ist auch ganz ruhig." "Alf, Alf" antwortet sie, spuckt auf meine Hände und öffnet den Käfig. Was sie eigentlich sagen will: "Die Katze ist schon sehr alt, sie hört nichts mehr. Es ist nämlich sehr laut heute im Flieger und das macht mir Angst." Sie reißt ein Stück von dem Klopapier ab, mit dem der Katzenkäfig ausgepolstert ist, und steckt es sich in die Ohren. Endlich Ruhe. Wären da nicht die Passagiere aus der Reihe hinter mehr, die mit ihren Bechern unentwegt an die Sitze klopfen, damit sie noch mehr Tee bekommen. Ich will hier weg. Nach drei Stunden landet der Flieger im schneebedeckten Berlin. Die Flugangstfrau bekommt Platzangst. Ich sage etwas, doch sie hört nichts. Sie japst nach Luft und schreit die Leute an. "Schnell! Gehen! Raus!" Ich nehme den dreckigen Katzenkorb mit meinen vollgespuckten Händen auf meinen Schoß. Es reicht. Aussteigen! Anstehen an der Passkontrolle. Warten am Gepäckband. Statt unserer Koffer kommen hunderte Kanister mit Wasser. Bestimmt heiliges Wasser. Als wir endlich zum Ausgang kommen, werden die Weißen wie Popstars empfangen. Gekreische, Gedrängel, ausgestreckte Arme wohin man schaut. Das Ausgänge sind dicht, die Videokameras der Abholer laufen. Bitte, bitte lasst mich einfach nur hier raus. Ich drängle mich durch bis zum Taxi. Nach Hause!
4 Comments:
Ja, das war sicher heiliges Wasser. (falls die Kanister deinen Koffer auf der Band berührt haben, dann ist nun auch dein Koffer blessed ;) Dass die Leute, die aus Mekka kommen, so empfangen wurden, ist nicht zu wundern: eine der großen Pflichte ist erfüllt; jetzt kann man auch ruhig sterben, so in der Art.
Zum Flug: eh, der Titel muss aber anders klingen: Eckel, Eckel :=) Ich habe in diesem Lebensbereich auch ein ganz schlechtes Karma. Alkoholiker und seelisch gestörte sind meine gängigste Sitznachbarn.
"Wackel" von Jenny und "Kiew" von Aigul kombiniere ich zu: Next year in Ukraine! Auf halber Strecke, Mädels, ja?
Oh ja!! Ich bin dafuer!
Jenny, ich weiss nicht wann du Geburtstag hattest bzw. hast, aber herzlichen Glueckwunsch! Bin gerade mitten in Russland, wenn ich zurueck komme, bekarte ich dich auf jeden Fall!
Marie, ich hab dich wahnsinnig vermisst!
Hinweis an euch Spätgeborene:
"Alf, Alf!"
Diese Worte deiner Sitznachbarin hast du gründlich missverstanden. In den Spätachzigern begeisterte nämlich der haarige Außerirdische ALF das Fernsehpublikum. Dessen Lieblingsspeise waren bekanntlich Katzen. Also, was wollte dir die gute Frau sagen?
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