Schlechtes Gewissen
Als ich heute morgen meine Wohnung verließ, machte es sich der Familienbesuch, der sich während der sächsischen Winterferien bei mir einquartiert hat, gerade am Frühstückstisch gemütlich. Ausgerechnet jetzt auf Arbeit gehen zu müssen ist ziemlich gemein. Aber man kann schließlich nicht immer frei haben. Am Arbeitsort angekommen werde ich täglich aufs Neue ermahnt, dankbar für meinen Job zu sein. Auf dem Weg vom Parkplatz zum Büroeingang liegt nämlich das Arbeitsamt. Genauer gesagt das Job Center Berlin Mitte. Jeden Morgen ergießt sich ein Menschenstrom aus der S-Bahn, der bei den momentan vereisten Fußwegen wie eine traurige Polonaise im Gänsemarsch aussieht. Vor dem Eingang bildet sich oft eine lange Schlange. Wenn ich mit meiner Aktentasche in der linken und dem Laptop in der rechten Hand - und damit eindeutig als Angestellter zu identifizierender Passant - an der langen Schlange mit dem mürrischen Blick vorbeigehe, habe ich automatisch ein schlechtes Gewissen. Sobald ich an allen Anstehenden und Flyer Verteilenden vorbei bin, danke ich Gott und meinem Chef, dass ich einen Arbeitsvertrag habe.
Mittwochs ist das Arbeitsamt geschlossen, es hängt an diesem Wochentag ein rosa A4-Blatt an der Tür, wo das groß und deutlich zu lesen ist: Mittwochs geschlossen. Letzte Woche kam mir vor dem Eingang ein Mann Anfang 30 entgegen. Sofort rattert der Fragenkatalog durch meinen Kopf: Sieht er gut aus? Was könnte er machen? Internationaler Horizont? Finanzieller Hintergrund? Wäre er ein potentieller Ehemann? Ein guter Vater?
Er sieht verdammt gut aus, sofern man das unter der dicken Jacke und Kapuze erkennen kann und er lächelt mich an. Zum Arbeitsamt kann er nicht wollen, das hat heute geschlossen. Dennoch bleibt er vor der Tür stehen, wundert sich und dreht sich zu mir um: "Ist es Mittwoch heute?" fragt er gebrochen mit englischem Akzent. "Yes, my dear!" antworte ich und gehe weiter. Wieder mit schlechtem Gewissen, weil ich ihn nicht gefragt habe, ob wir einen Kaffee trinken wollen.
Mittwochs ist das Arbeitsamt geschlossen, es hängt an diesem Wochentag ein rosa A4-Blatt an der Tür, wo das groß und deutlich zu lesen ist: Mittwochs geschlossen. Letzte Woche kam mir vor dem Eingang ein Mann Anfang 30 entgegen. Sofort rattert der Fragenkatalog durch meinen Kopf: Sieht er gut aus? Was könnte er machen? Internationaler Horizont? Finanzieller Hintergrund? Wäre er ein potentieller Ehemann? Ein guter Vater?
Er sieht verdammt gut aus, sofern man das unter der dicken Jacke und Kapuze erkennen kann und er lächelt mich an. Zum Arbeitsamt kann er nicht wollen, das hat heute geschlossen. Dennoch bleibt er vor der Tür stehen, wundert sich und dreht sich zu mir um: "Ist es Mittwoch heute?" fragt er gebrochen mit englischem Akzent. "Yes, my dear!" antworte ich und gehe weiter. Wieder mit schlechtem Gewissen, weil ich ihn nicht gefragt habe, ob wir einen Kaffee trinken wollen.
1 Comments:
und warum zum Teufel ist - zu einer Zeit, wo die verzögerten aber unvermeidlichen Wirkungswellen der großen Krise auf den deutschen Arbeitsmarkt zuschwappen- das A-Amt am Mittwoch geschlossen????
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