3. Mai 2009

Blumenmann

Ich suche immer noch dringend einen Blumengießer. Obwohl es heute das erste Mal seit gefühlten zehn Wochen geregnet hat, möchte ich mir nicht wünschen geschweige denn davon ausgehen, dass das in Zukunft häufiger passiert.
Optimal für solche Gefälligkeiten eignen sich aufgrund der sowieso zu überwindenden Höhenunterschiede bzw. Treppenanzahl Nachbarn auf der selben Etage. Ich habe davon drei Stück. Der eine hat mich noch vor meinem Umzug schon mal auf einen Wein eingeladen, dessen netter Aufforderung ich bis heute noch nicht nachgekommen bin. Vielleicht liegt mein Zögern daran, dass ich von meinem Balkon aus direkte Sicht auf sein Schlafzimmer habe. Nicht dass ich schon jemals etwas beobachtet hätte, aber allein dass die Bedingungen der Möglichkeit dazu gegeben sind, blockieren eine intensivere Kontaktaufnahme meinerseits.
Meine direkte Nachbarin ist weiblich, Mitte dreißig und Rechtsanwältin. Sie hat rote Locken (gefärbt) und trägt immer eine Sonnenbrille. Sie verlässt wochentags stets 7:25 Uhr ihre Wohnung und joggt am Samstag Vormittag. Respekt vor dieser Leistung, dennoch hindert mich irgendetwas daran, sie anzusprechen. Wir sind uns noch nie im Treppenhaus begegnet, ich kenne sie nur durch meinen Spion. Vielleicht ist es mein schlechtes Gewissen wegen der Beobachterei. Oder das Wissen darum, dass sie mit meinem Vormieter befreundet war und ich nicht nur aus Versagensangst gar kein Ersatz sein kann. Oder der Konkurrenzneid. (Sie ist offensichtlich auch Single.)
Der dritte Nachbar und damit letzte potentielle Blumengießer hat seinen Balkon in Hörweite von meinem. Letztens wurde er Zeuge unserer Singlemädchen-Umdiedreißig-Runde. Wie es sich für einen ordentlichen Kaffeklatsch gehört, aßen wir selbstgebackenen Kuchen, tranken selbstgemachten Eierlikör und hörten Hildegard Knef. Leider war die Musik nicht laut genug, um unser Gespräch zu übertönen. Thema war die Abnahme der sexuellen Leistungskraft des Mannes mit zunehmendem Alter. (Ich hoffe, ich werde wegen dieser Schlagworte nicht wieder von Menschen, die das hier nicht lesen sollen, bei Google vorschnell gefunden.) Jedenfalls berichteten wir unverblümt von unseren Erfahrungen mit Männern Mitte Zwanzig bis Mitte Vierzig. Letztere kamen natürlich besonders schlecht weg. Meinen Nachbarn schätze ich auf Anfang vierzig. Er hatte sich leise auf den Balkon geschlichen (oder saß da schon die ganze Zeit unbemerkt) und grinste alles andere als verlegen. Noch dazu muss er von mir den Eindruck eines promiskuitiven Mädchens haben, denn genau in den seltenen Momenten, wo ich mal harmlosen Herrenbesuch auf meinem Balkon habe, sitzt er auch draußen und bemerkt das natürlich. Beide Tatsachen in Kombination lassen es folglich nicht zu, dass ich ihm ohne zu Erröten in die Augen schauen kann. Und erst recht nicht fragen, ob er vielleicht mein Blumenmann sein möchte.

3 Comments:

Anonymous R.+M. said...

Und wer wohnt eine Treppe weiter unten?

4. Mai 2009 um 19:43  
Anonymous Marie said...

Man kann dafür auch Leute mieten. Siehe: Mitten ins Herz - Ein Song für Dich. Drew Barrymore gießt die Blumen von Hugh Grant. Natürlich verlieben sie sich.

5. Mai 2009 um 03:14  
Anonymous Tomas said...

Versuchs doch mal ganz einfach mit fragen,ohne diese hochwissenschaftlichen Vorgedanken.Das normale Leben ist viel einfacher als gedacht!!

5. Mai 2009 um 13:38  

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