Meine Zeit im Ashram
Dienstag 15 Uhr bis Donnerstag 14 Uhr haben wir im Ashram verbracht und dabei die unterschiedlichsten Wege gewaehlt. Ich habe alles mitgemacht, was ich nur bekommen konnte, Svennie hat das Leben eher beobachtet.
Dienstag: Schon bei der Ankunft am Fluss faellt einem das seltsame Gebaeude auf: mitten im Palmenwald rosa Hochhaeuser, in der Mitte ein kitschiger Tempel, dahinter eine riesige ueberdachte Halle. Dazwischen wimmelt es von Menschen, indische Pilger, indische Studenten, Touristen, Priester, Nonnen, Westler. Und davon jede Menge. Mindestens ein Drittel der Anwesenden hat helle Haut. Ich hoere franzoesische, spanische, italienische, schwedische, russische und deutsche Stimmen. Kinder sind genauso oft anzutreffen wie aeltere Menschen. Fast alle tragen weisse Sachen. Wir bekommen ein Zimmer zugeteilt - streng nach Geschlechtern getrennt - und muessen die Regeln des Ashrams lesen. Kein Alkohol, keine Zigaretten, keine Drogen, kein Sex, gesittete Kleidung, keine Fotos. Bei der anschliessenden Einfuehrung wird uns ein Film ueber Amma und ihre Projekte gezeigt, dann gibt es einen Rundgang zur Essensausgabe, zum Shop, zum Infostand, zum Gemueseladen, zum Pool (der leider gerade repariert wird), zum Ayurveda-Gebaeude, zum Haus von Ammas Papa und zu ihrem eigenen. Im Moment ist sie im Tempel und umarmt die, die heute abreisen. Offizieller Darshan-Tag ist erst morgen.
Ich beziehe mein Zimmer im 12. Stock. Es ist circa 10 qm gross, auf dem Boden liegen drei Turnmatten, zwei sind belegt. Dazu eine Kammer mit Toilette und Dusche. Es muffelt und ist dreckig. Neben jedem Bett stehen Bilder von und Buecher ueber Amma. Ich wohne mit einer Franzoesin, die schon ein paar Tage hier zu sein scheint. Sie warnt mich vor der dritten Mitbewohnerin: Sie habe mentale Probleme und raste sehr leicht aus, vor allem, wenn man sie weckt. Dann schreit sie wild herum, entschuldigt sich danach aber. Ich hole mir zwei fleckige Laken und ein Kissen aus dem internationalen Buero. Es wird hier alles nach indisch und nicht-indisch getrennt. Die Inder leben zu sechst ohne Matten in so einem Zimmer. Fuer 150 Rupien (ca. 2,15 Euro) bekommt man den Schlafplatz inklusive indischer Mahlzeiten, serviert aus riesigen Toepfen. Westler koennen sich auch nicht-scharfes Essen in der Western-Kantine kaufen, sehr preiswert und alles aus eigenem oekologischem Anbau.
Ich kaufe mir zuerst weisse Sachen und ein Tuch, um mich nicht mehr so furchtbar bunt zu fuehlen. Dann geht es los mit dem offiziellen Programm: Das abendliche Singen der Bhajans. Ungefaehr 2000 Leute sitzen in einer riesigen Halle auf dem Boden, links die Maenner, rechts die Frauen. Die meisten haben einen Stapel Liederbuecher mit fuer mich unentzifferbaren Zeichen dabei.
Heute scheint ein besonderer Gast anwesend zu sein, er traegt orangene Kleidung, ein Kopftuch und eine Sonnenbrille. Er singt die Lieder und spielt am Harmonium, begleitet von einer Reihe Trommler. Bevor sich die Anwesenden setzen, beruehren sie im Knien mit der Stirn den Boden, dann bleiben sie zwei Stunden im Schneidersitz. Die Buehne wird die ganze Zeit gefilmt, ein gutaussehender Europaeer haelt die Kamera. Nein, Jenny, denk nicht mal dran!
Dann kommt Amma auf die Buehne, ich sehe sie zum ersten Mal. Sie ist 54, hat dunkelgraue Locken und traegt einen weissen Sari. Sie laechelt, sie singt mit. Langsam werden die Lieder rhythmischer, die ersten wippen mit ihrem Oberkoerper und recken die Arme in die Hoehe. Die Musik geht unter die Haut, ich wippe und klatsche mit. Gemeinsames Musizieren finde ich immer bewegend, egal in welchem Land.
Um acht stehen alle auf, ein Feuerloeffel wird vor Amma geschwenkt, wir summen drei lange und tiefe Oms. Ich schliesse die Augen und spuere 2000 Stimmen nach. Oooooooooooooooooooooooommmmmmmmmmm. Ooooooooooooooooooooommmmmmmmmmmmm. Ooooooooooooooooommmmmmmmmmmmmmmm.
Dann heisst es aus einer riesigen Kiste einen Blechteller angeln, abspuelen und anstellen. Geredet wird dabei kaum, denn das Schweigen hilft uns laut den Ashramregeln, uns nach innen zu richten. Eine halbe Stunde spaeter loeffeln mir freiwillige Helfer eine Kelle waessrigen Reis auf den Teller, dazu einen gruenen Klops scharfen Gemuesebrei. Auf dem Boden der Halle sind blaue Planen ausgerollt, sie dienen als Tisch und Stuhl. Besteck gibt es nicht, Tee nur 6 und 16 Uhr. Danach sprinte ich zum Computerzimmer, es gibt 6 Plaetze und eine Warteliste. Maximale Nutzungsdauer zehn Minuten. Gegen zehn ist Bettruhe, mit einem Schlag ist es still.
Mittwoch: Ich erwache kurz nach sechs. Damit hab ich das Rezitieren der 1000 Namen der Goettlichen Mutter um 4:50 Uhr verpasst. Da ich keinen Wecker dabei habe, bin ich aber zumindest froh, zur Meditation puenktlich zu sein. Ich gehe auf die Terrasse des Ayurveda-Gebaeudes direkt am Strand. Auf einem Stueck Pappe mit Blick aufs Meer sitzend versuche ich mich an eine Meditationstechnik zu erinnern, die ich mir vor zehn Jahren selbst beigebracht hatte. Ich lasse meine Gedanken wie Wolken ziehen und doch laesst mich eine Frage nicht los: Wie entstehen diese riesigen Wellen und warum brechen sie genau an dieser Stelle? Ich verfange mich bei der Frage, ohne ueber die Antwort nachzudenken. Nach einer Stunde gebe ich auf. Fruehstueck aus der westlichen Kantine, French Toast und Mangosaft. Um elf beginnt Amma, Darshan zu geben. Zwei Reihen treffen auf sie, eine aus Maennern, eine aus Frauen. Mittlerweile sind nochmal tausende indische Pilger angekommen, die den ganzen Tag lang auf Plastestuehlen sitzend auf ihre Umarmung warten. Ich hole mir auch eine Nummer. Die Westler kommen erst nach den Indern dran. Um mir das Spektakel aus der Naehe anzusehen und meinen Freiwilligendienst abzuleisten, gehe ich auf die Buehne und gebe Prasad. Das heisst, man sitzt schraeg hinter Amma und gibt ihr Bonbons in die Hand, die sie dann den Umarmten schenkt. Diese Ehre wird mir nach einem Probetraining mit einer Assistentin genau fuenf Minuten lang zuteil, gemessen von einem Maedchen mit Stoppuhr neben mir. Diese wird wiederum von einem anderen Maedchen kontrolliert, dass sie das genau 15 Minuten lang machen darf. Dann ist die naechste dran. Die anderen wickeln die Bonbons in ein kleines Tuetchen mit Asche. Hinter Amma hocken zwei Frauen, die ihr die Geschenke und Blumenketten abnehmen. Diese werden in Taschen verpackt und morgen erneut verkauft. Ringsumher hinter den Ventilatoren sitzen ihre Anhaenger, einige weinen, andere meditieren oder sprechen stumm zu ihr. Die Wartenden auf der Buehne sind einem durchorganisierten System aus Stuhlreihen ausgesetzt. Wenn sie dran sind, werden sie von Frauen in weissen Saris an ihre Brust gedrueckt, duerfen kurz was sagen, dann brechen sie zusammen und werden muehevoll wieder aufgehoben und an die Seite geschafft. Wer Amma einen Brief gibt und nicht nur eine Kette oder sonstige Geschenke, bekommt einen Kuss auf die Wange.
Nach dem Mittag gehe ich wieder zum Strand meditieren, diesmal im Liegen. Mein Ziel: die verbotenen Gedanken an den Kameramann loswerden. Ich schlafe ein.
Nachmittags dann eine Behandlung vom Chiropraktiker, danach eine Ganzkoerpermassage mit Oel, wobei die Sonne auf meinen Bauch scheint. Herrlich. Jetzt bin ich auch koerperlich bereit, Amma zu treffen. Ich stelle mich an. Es ist sieben Uhr, um acht bin ich auf der Buehne. Halb neun quaelen mich meine Blase und mein Magen, das Warten wird zur Herausforderung. Um neun werde ich auf die Knie gebeten, mein rechter Arm wird auf Ammas Stuhllehne gelegt, mein Kopf auf das verschmierte Tuch an ihre Schulter gedrueckt. Sie brummelt etwas in mein Ohr. Ich verstehe beim besten Willen kein Wort. Sie gibt mir ein Bonbon in die Hand. Nach circa 12 Sekunden werde ich nach hinten gezogen, hochgehoben und an die Seite gedraengt. Hab ich was gefuehlt? Ja, Erleichterung! Endlich kann ich auf Toilette und mir in letzter Sekunde, bevor die Kantine schliesst, etwas zu essen holen. Wie macht diese Frau das nur? Seit heute morgen um elf ist sie nicht einmal aufgestanden und hat nicht einen Bissen gegessen. "Sie ist kein Mensch" antwortet meine Mitbewohnerin. Kurz nach elf hat sie es geschafft, sie hat alleine heute mindestens 3000 Leute umarmt. Nach zwoelf Stunden Sitzen und einem abschliessenden gemeinsamen Mantra zieht sie sich hoch und laeuft umgeben von Anbetern in ihr Haus.
Ich unterhalte mich bis tief in die Nacht mit meinen Zimmerkolleginnen ueber ihre Erfahrungen mit Amma, die eine ist seit sechs Jahren hier . . .
Donnerstag: Ich erwache gluecklicherweise halb sieben, rechtzeitig fuer die Yogastunde auf dem Dach des Tempels. Nach dem Fruehstueck gehe ich nochmal zum Darshan und komme als Abreisende schon um eins an die Reihe. Diesmal schaue ich ihr in die Augen, sie brummelt wieder etwas, ich habe mir sagen lassen, was es heisst: "Molekuti" ist malayalam (die Landessprache von Kerala) und bedeutet "meine liebe Tochter". Ich bewundere diese Frau fuer ihre Ausdauer, Geduld und Energie. Fuer alles, was sie fuer Indiens Bevoelkerung und ihre Anhaenger tut. Einen Guru finde ich nicht in ihr, kaufe mir aber trotzdem ein Armband aus Holzperlen zur Erinnerung an diese intensive Zeit der Gedanken und Gefuehle.
Dienstag: Schon bei der Ankunft am Fluss faellt einem das seltsame Gebaeude auf: mitten im Palmenwald rosa Hochhaeuser, in der Mitte ein kitschiger Tempel, dahinter eine riesige ueberdachte Halle. Dazwischen wimmelt es von Menschen, indische Pilger, indische Studenten, Touristen, Priester, Nonnen, Westler. Und davon jede Menge. Mindestens ein Drittel der Anwesenden hat helle Haut. Ich hoere franzoesische, spanische, italienische, schwedische, russische und deutsche Stimmen. Kinder sind genauso oft anzutreffen wie aeltere Menschen. Fast alle tragen weisse Sachen. Wir bekommen ein Zimmer zugeteilt - streng nach Geschlechtern getrennt - und muessen die Regeln des Ashrams lesen. Kein Alkohol, keine Zigaretten, keine Drogen, kein Sex, gesittete Kleidung, keine Fotos. Bei der anschliessenden Einfuehrung wird uns ein Film ueber Amma und ihre Projekte gezeigt, dann gibt es einen Rundgang zur Essensausgabe, zum Shop, zum Infostand, zum Gemueseladen, zum Pool (der leider gerade repariert wird), zum Ayurveda-Gebaeude, zum Haus von Ammas Papa und zu ihrem eigenen. Im Moment ist sie im Tempel und umarmt die, die heute abreisen. Offizieller Darshan-Tag ist erst morgen.
Ich beziehe mein Zimmer im 12. Stock. Es ist circa 10 qm gross, auf dem Boden liegen drei Turnmatten, zwei sind belegt. Dazu eine Kammer mit Toilette und Dusche. Es muffelt und ist dreckig. Neben jedem Bett stehen Bilder von und Buecher ueber Amma. Ich wohne mit einer Franzoesin, die schon ein paar Tage hier zu sein scheint. Sie warnt mich vor der dritten Mitbewohnerin: Sie habe mentale Probleme und raste sehr leicht aus, vor allem, wenn man sie weckt. Dann schreit sie wild herum, entschuldigt sich danach aber. Ich hole mir zwei fleckige Laken und ein Kissen aus dem internationalen Buero. Es wird hier alles nach indisch und nicht-indisch getrennt. Die Inder leben zu sechst ohne Matten in so einem Zimmer. Fuer 150 Rupien (ca. 2,15 Euro) bekommt man den Schlafplatz inklusive indischer Mahlzeiten, serviert aus riesigen Toepfen. Westler koennen sich auch nicht-scharfes Essen in der Western-Kantine kaufen, sehr preiswert und alles aus eigenem oekologischem Anbau.
Ich kaufe mir zuerst weisse Sachen und ein Tuch, um mich nicht mehr so furchtbar bunt zu fuehlen. Dann geht es los mit dem offiziellen Programm: Das abendliche Singen der Bhajans. Ungefaehr 2000 Leute sitzen in einer riesigen Halle auf dem Boden, links die Maenner, rechts die Frauen. Die meisten haben einen Stapel Liederbuecher mit fuer mich unentzifferbaren Zeichen dabei.
Heute scheint ein besonderer Gast anwesend zu sein, er traegt orangene Kleidung, ein Kopftuch und eine Sonnenbrille. Er singt die Lieder und spielt am Harmonium, begleitet von einer Reihe Trommler. Bevor sich die Anwesenden setzen, beruehren sie im Knien mit der Stirn den Boden, dann bleiben sie zwei Stunden im Schneidersitz. Die Buehne wird die ganze Zeit gefilmt, ein gutaussehender Europaeer haelt die Kamera. Nein, Jenny, denk nicht mal dran!
Dann kommt Amma auf die Buehne, ich sehe sie zum ersten Mal. Sie ist 54, hat dunkelgraue Locken und traegt einen weissen Sari. Sie laechelt, sie singt mit. Langsam werden die Lieder rhythmischer, die ersten wippen mit ihrem Oberkoerper und recken die Arme in die Hoehe. Die Musik geht unter die Haut, ich wippe und klatsche mit. Gemeinsames Musizieren finde ich immer bewegend, egal in welchem Land.
Um acht stehen alle auf, ein Feuerloeffel wird vor Amma geschwenkt, wir summen drei lange und tiefe Oms. Ich schliesse die Augen und spuere 2000 Stimmen nach. Oooooooooooooooooooooooommmmmmmmmmm. Ooooooooooooooooooooommmmmmmmmmmmm. Ooooooooooooooooommmmmmmmmmmmmmmm.
Dann heisst es aus einer riesigen Kiste einen Blechteller angeln, abspuelen und anstellen. Geredet wird dabei kaum, denn das Schweigen hilft uns laut den Ashramregeln, uns nach innen zu richten. Eine halbe Stunde spaeter loeffeln mir freiwillige Helfer eine Kelle waessrigen Reis auf den Teller, dazu einen gruenen Klops scharfen Gemuesebrei. Auf dem Boden der Halle sind blaue Planen ausgerollt, sie dienen als Tisch und Stuhl. Besteck gibt es nicht, Tee nur 6 und 16 Uhr. Danach sprinte ich zum Computerzimmer, es gibt 6 Plaetze und eine Warteliste. Maximale Nutzungsdauer zehn Minuten. Gegen zehn ist Bettruhe, mit einem Schlag ist es still.
Mittwoch: Ich erwache kurz nach sechs. Damit hab ich das Rezitieren der 1000 Namen der Goettlichen Mutter um 4:50 Uhr verpasst. Da ich keinen Wecker dabei habe, bin ich aber zumindest froh, zur Meditation puenktlich zu sein. Ich gehe auf die Terrasse des Ayurveda-Gebaeudes direkt am Strand. Auf einem Stueck Pappe mit Blick aufs Meer sitzend versuche ich mich an eine Meditationstechnik zu erinnern, die ich mir vor zehn Jahren selbst beigebracht hatte. Ich lasse meine Gedanken wie Wolken ziehen und doch laesst mich eine Frage nicht los: Wie entstehen diese riesigen Wellen und warum brechen sie genau an dieser Stelle? Ich verfange mich bei der Frage, ohne ueber die Antwort nachzudenken. Nach einer Stunde gebe ich auf. Fruehstueck aus der westlichen Kantine, French Toast und Mangosaft. Um elf beginnt Amma, Darshan zu geben. Zwei Reihen treffen auf sie, eine aus Maennern, eine aus Frauen. Mittlerweile sind nochmal tausende indische Pilger angekommen, die den ganzen Tag lang auf Plastestuehlen sitzend auf ihre Umarmung warten. Ich hole mir auch eine Nummer. Die Westler kommen erst nach den Indern dran. Um mir das Spektakel aus der Naehe anzusehen und meinen Freiwilligendienst abzuleisten, gehe ich auf die Buehne und gebe Prasad. Das heisst, man sitzt schraeg hinter Amma und gibt ihr Bonbons in die Hand, die sie dann den Umarmten schenkt. Diese Ehre wird mir nach einem Probetraining mit einer Assistentin genau fuenf Minuten lang zuteil, gemessen von einem Maedchen mit Stoppuhr neben mir. Diese wird wiederum von einem anderen Maedchen kontrolliert, dass sie das genau 15 Minuten lang machen darf. Dann ist die naechste dran. Die anderen wickeln die Bonbons in ein kleines Tuetchen mit Asche. Hinter Amma hocken zwei Frauen, die ihr die Geschenke und Blumenketten abnehmen. Diese werden in Taschen verpackt und morgen erneut verkauft. Ringsumher hinter den Ventilatoren sitzen ihre Anhaenger, einige weinen, andere meditieren oder sprechen stumm zu ihr. Die Wartenden auf der Buehne sind einem durchorganisierten System aus Stuhlreihen ausgesetzt. Wenn sie dran sind, werden sie von Frauen in weissen Saris an ihre Brust gedrueckt, duerfen kurz was sagen, dann brechen sie zusammen und werden muehevoll wieder aufgehoben und an die Seite geschafft. Wer Amma einen Brief gibt und nicht nur eine Kette oder sonstige Geschenke, bekommt einen Kuss auf die Wange.
Nach dem Mittag gehe ich wieder zum Strand meditieren, diesmal im Liegen. Mein Ziel: die verbotenen Gedanken an den Kameramann loswerden. Ich schlafe ein.
Nachmittags dann eine Behandlung vom Chiropraktiker, danach eine Ganzkoerpermassage mit Oel, wobei die Sonne auf meinen Bauch scheint. Herrlich. Jetzt bin ich auch koerperlich bereit, Amma zu treffen. Ich stelle mich an. Es ist sieben Uhr, um acht bin ich auf der Buehne. Halb neun quaelen mich meine Blase und mein Magen, das Warten wird zur Herausforderung. Um neun werde ich auf die Knie gebeten, mein rechter Arm wird auf Ammas Stuhllehne gelegt, mein Kopf auf das verschmierte Tuch an ihre Schulter gedrueckt. Sie brummelt etwas in mein Ohr. Ich verstehe beim besten Willen kein Wort. Sie gibt mir ein Bonbon in die Hand. Nach circa 12 Sekunden werde ich nach hinten gezogen, hochgehoben und an die Seite gedraengt. Hab ich was gefuehlt? Ja, Erleichterung! Endlich kann ich auf Toilette und mir in letzter Sekunde, bevor die Kantine schliesst, etwas zu essen holen. Wie macht diese Frau das nur? Seit heute morgen um elf ist sie nicht einmal aufgestanden und hat nicht einen Bissen gegessen. "Sie ist kein Mensch" antwortet meine Mitbewohnerin. Kurz nach elf hat sie es geschafft, sie hat alleine heute mindestens 3000 Leute umarmt. Nach zwoelf Stunden Sitzen und einem abschliessenden gemeinsamen Mantra zieht sie sich hoch und laeuft umgeben von Anbetern in ihr Haus.
Ich unterhalte mich bis tief in die Nacht mit meinen Zimmerkolleginnen ueber ihre Erfahrungen mit Amma, die eine ist seit sechs Jahren hier . . .
Donnerstag: Ich erwache gluecklicherweise halb sieben, rechtzeitig fuer die Yogastunde auf dem Dach des Tempels. Nach dem Fruehstueck gehe ich nochmal zum Darshan und komme als Abreisende schon um eins an die Reihe. Diesmal schaue ich ihr in die Augen, sie brummelt wieder etwas, ich habe mir sagen lassen, was es heisst: "Molekuti" ist malayalam (die Landessprache von Kerala) und bedeutet "meine liebe Tochter". Ich bewundere diese Frau fuer ihre Ausdauer, Geduld und Energie. Fuer alles, was sie fuer Indiens Bevoelkerung und ihre Anhaenger tut. Einen Guru finde ich nicht in ihr, kaufe mir aber trotzdem ein Armband aus Holzperlen zur Erinnerung an diese intensive Zeit der Gedanken und Gefuehle.
1 Comments:
Jenny, Du erstaunst mich! Du früh um kurz nach 6:00 schon wach....
LG aus DD
r.+m
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