Von Mumbai nach Goa
Zugfahren in Indien ist ganz einfach. Man muss sich nur an das entsprechende Gleis setzen, bekommt dann von einem netten Kioskverkaeufer eine Pappe fuer den Hintern und wartet bis die automatische Stimme ansagt, dass der entsprechende Zug mit der eindeutigen Nummer einfaehrt. An elektronischen Tafeln wird angezeigt, wo welcher der unzaehligen Waggons steht. Also einsteigen und Bett finden. Wir haben einen Schlafwagen in der zweiten Klasse ohne Klimaanlage gebucht. Uns gehoeren also in einem offenen Abteil eine mittlere und eine obere Liege aus Metall mit Schaumstoffpolstern. Direkt ueber der obersten Liege brummten drei Ventilatoren, die natuerlich nicht ausgeschaltet werden duerfen. Zumindest nicht solange die indische Familie neben uns noch wach war ;-) Zu uns gesellten sich noch zwei Franzosen und zwei Deutsche und einige Kakerlaken. Jede Stunde wachte ich auf, weil ich die Kakerlaken in meiner Hose spuerte oder weil einer der Essensverkaeufer laut rufend durch die Gaenge lief. In einer endlosen Leier sangen sie "Samosasamosaesamosasamosae...". Alle 20 Sekunden kam einer vorbei, die ganze Nacht durch. Ausserdem waren die Fenster und Tueren staendig geoeffnet und der Laermpegel entsprechend. Irgendwie ging das aber doch mit dem Schlafen, eingequetscht zwischen Rucksack, Tasche und Metallgitter. Bis zu dem Moment, der zu erwarten war: Ich muss auf Toilette. Ich hatte die Wahl zwischen Western Stile und indischem Typ. Ich bevorzuge indisch, denn da muss man nichts anfassen, nur aufpassen, dass man trifft. Das geht dann direkt auf die Gleise. Die 14 Stunden vergingen schneller als erwartet, durch die Fenstergitterstaebe war alles gruen. Gruene Reisfelder, gruene Palmen, gruene Wiesen, gruene Fluesse.
Vom Bahnhof in Margao liessen wir uns direkt an den Strand bringen und standen ploetzlich an einem menschenleeren Parkplatz direkt am Meer. Links oder rechts? Drei aeltere Frauen empfingen uns, sie schienen wie Hexen, die irgendwelche Stricke knuepften. Der Weg am Strand lang fuehrte uns zu verfallenen Huetten aus Palmenzweigen, alles hatte geschlossen und war wild bewachsen. Dass zur Zeit keine Saison ist, wussten wir ja, aber dass alles zu hat? Nach Ueberquerung des oertlichen, offenen Abwasserkanals waren doch noch Hunde und Menschen in Sichtweite. Wir fanden ein Zimmer bei Furtados mit Betonwaenden und frisch gefliestem Bad fuer 5 Euro. Naechster Punkt: Kurze Hosen kaufen. In Goa ist die Mehrheit christlich, deshalb ist etwas freizuegigere Kleidung kein Problem. Laut unserer Karte ging der Weg ins Dorf einfach nur geradeaus, nach den Einheimischen (wenn sie ueberhaupt mehr gesagt haben als "no english") einmal rechts und einmal links. Nach mehr als zwei Stunden Spaziergang durchs Gruene hat das aber keinen Spass mehr gemacht. Mittlerweile waren wir mehrmals drumherum gelaufen und schon fast im naechsten Dorf gelandet. Ich bin Schuld, schon klar. (Der Satz war jetzt fuer Svennie.) Irgendwann fanden wir dann statt Shops und Waescherei zumindest ein Reisebuero und haben uns sofort erkundigt, wie wir hier wieder weg kommen. Der Zug in Richtung Landesinneres faehrt nur an bestimmten Tagen, der naechste nach Plan uebermorgen. Nach einem Anruf bei der indischen Eisenbahn fahren derzeit aber gar keine Zuege auf dieser Strecke wegen des Monsuns. Bis dahin hatte es noch keinen Tropfen geregnet, aber es koennte ja - so die Antwort des Reisebuerotypen. Wir muessten also bis zum 15.8. hier in Goa bleiben. Und Busse? Taeglich, wie auf dem Schild steht? Nein, die fahren auch nur in der Saison. Letzte und einzige Moeglichkeit: Oeffentlicher Nahverkehr. Hampi abblasen? Nein! Wir werden schon irgendwie dahin kommen. Den drei alten Hexen am Strand verspreche ich, mir morgen die Haende von ihnen bemalen zu lassen. Hab das dann aufgrund von grausamen Phantasien doch lieber sein lassen. Diese erfuellten sich fast am naechsten Morgen: Ich komme aus unserem Zimmer und gehe durch das Restaurant durch zum Strand. Die Tische sind zusammengeschoben und auf ihnen liegen Menschen in weisse Tuecher komplett eingehuellt und ordentlich aufgereiht. Ich erstarre kurz vor Schreck, bis sich mein Verstand einschaltet - das sind nur die schlafenden Angestellten! Sie haben kein Bett, geschweige denn ein Zimmer...
Heute steht eine 2-Euro-Rundreise durch den suedlichen Teil von Goa auf dem Programm. Sie beginnt mit der Anreise zum Treffpunkt in der naechstgroesseren Stand: Wir waehlen den Schulbus. Morgens um sieben mit 50 Schulkindern in Uniform unglaublich eng gequetscht (so dass man nichtmal den Fuss bewegen konnte), waehrend noch drei Kinder halb aus der Tuere hingen, zu lauter Musik aus den 90ern (Technohits und westliche Schnulzen im Wechsel) - da kommt Freude auf :-)
Aufgrund des Touristenmangels erwarten wir einen Kleinbus fuer uns beide, doch wir haben die indischen Touristen unterschaetzt. Sie kommen aus allen Teilen Indiens und nutzen die niedrigen Preise zur Nebensaison. Sie belegen einen grossen Reisebus und kichern ueber uns. Wir besichtigen als erstes eine Art Freiluftmuseum und ein altes portugiesisches Haus. Der Eintritt ist teurer als die ganzeFahrt, weshalb wir auch die Einzigen waren, die sich das geleistet haben. Der Rest hat (wir haben das aber gar nicht bemerkt) eine Stunde draussen gewartet. Dann zwei Tempel im Schnelldurchlauf, dann eine Kathedrale in Old Goa, in der die Reste von Franz Xavier liegen, der Gruender des Jesuiten-Ordens, die zweihundert Jahre lang nicht verwest sind. Es ist schon seltsam mit einer Gruppe Indern ein katholisches Bauwerk anzuschauen. Sie haben tatsaechlich alle mal den Mund gehalten. Zum Mittag in einem Schnellrestaurant half uns ein Ehepaar aus Delhi und erklaerte uns die Speisen. Sehr nett die beiden und sehr westlich, waren sogar noch zu Mauerzeiten schonmal in Berlin. Ansonsten hat man immer Fussball als Gespraechsthema ueber Deutschland. Nach noch einigen Aussichtspunkten und Straenden war die Tour vorbei. Wir versuchten erneut, den Sonnenuntergang vom hoteleigenen Restaurant aus zu beobachten und hatten wieder dicke Regenwolken und Sturm. Nicht gerade das perfekte Strandwetter. Noch dazu sind alle unsere Sachen feucht und muffeln, das Klopapier ist klitschnass, der Strom (und damit der Ventilator) faellt staendig aus und die Jungs vom Hotel spielen statt Bollywoodhits einen Technosong, der nur aus Huehnergackern besteht.
Wir reisen ab. Wenn die Sonne scheint, ist das aber durchaus ein Platz zum Haengenbleiben, also nichts gegen Goa :-)
Vom Bahnhof in Margao liessen wir uns direkt an den Strand bringen und standen ploetzlich an einem menschenleeren Parkplatz direkt am Meer. Links oder rechts? Drei aeltere Frauen empfingen uns, sie schienen wie Hexen, die irgendwelche Stricke knuepften. Der Weg am Strand lang fuehrte uns zu verfallenen Huetten aus Palmenzweigen, alles hatte geschlossen und war wild bewachsen. Dass zur Zeit keine Saison ist, wussten wir ja, aber dass alles zu hat? Nach Ueberquerung des oertlichen, offenen Abwasserkanals waren doch noch Hunde und Menschen in Sichtweite. Wir fanden ein Zimmer bei Furtados mit Betonwaenden und frisch gefliestem Bad fuer 5 Euro. Naechster Punkt: Kurze Hosen kaufen. In Goa ist die Mehrheit christlich, deshalb ist etwas freizuegigere Kleidung kein Problem. Laut unserer Karte ging der Weg ins Dorf einfach nur geradeaus, nach den Einheimischen (wenn sie ueberhaupt mehr gesagt haben als "no english") einmal rechts und einmal links. Nach mehr als zwei Stunden Spaziergang durchs Gruene hat das aber keinen Spass mehr gemacht. Mittlerweile waren wir mehrmals drumherum gelaufen und schon fast im naechsten Dorf gelandet. Ich bin Schuld, schon klar. (Der Satz war jetzt fuer Svennie.) Irgendwann fanden wir dann statt Shops und Waescherei zumindest ein Reisebuero und haben uns sofort erkundigt, wie wir hier wieder weg kommen. Der Zug in Richtung Landesinneres faehrt nur an bestimmten Tagen, der naechste nach Plan uebermorgen. Nach einem Anruf bei der indischen Eisenbahn fahren derzeit aber gar keine Zuege auf dieser Strecke wegen des Monsuns. Bis dahin hatte es noch keinen Tropfen geregnet, aber es koennte ja - so die Antwort des Reisebuerotypen. Wir muessten also bis zum 15.8. hier in Goa bleiben. Und Busse? Taeglich, wie auf dem Schild steht? Nein, die fahren auch nur in der Saison. Letzte und einzige Moeglichkeit: Oeffentlicher Nahverkehr. Hampi abblasen? Nein! Wir werden schon irgendwie dahin kommen. Den drei alten Hexen am Strand verspreche ich, mir morgen die Haende von ihnen bemalen zu lassen. Hab das dann aufgrund von grausamen Phantasien doch lieber sein lassen. Diese erfuellten sich fast am naechsten Morgen: Ich komme aus unserem Zimmer und gehe durch das Restaurant durch zum Strand. Die Tische sind zusammengeschoben und auf ihnen liegen Menschen in weisse Tuecher komplett eingehuellt und ordentlich aufgereiht. Ich erstarre kurz vor Schreck, bis sich mein Verstand einschaltet - das sind nur die schlafenden Angestellten! Sie haben kein Bett, geschweige denn ein Zimmer...
Heute steht eine 2-Euro-Rundreise durch den suedlichen Teil von Goa auf dem Programm. Sie beginnt mit der Anreise zum Treffpunkt in der naechstgroesseren Stand: Wir waehlen den Schulbus. Morgens um sieben mit 50 Schulkindern in Uniform unglaublich eng gequetscht (so dass man nichtmal den Fuss bewegen konnte), waehrend noch drei Kinder halb aus der Tuere hingen, zu lauter Musik aus den 90ern (Technohits und westliche Schnulzen im Wechsel) - da kommt Freude auf :-)
Aufgrund des Touristenmangels erwarten wir einen Kleinbus fuer uns beide, doch wir haben die indischen Touristen unterschaetzt. Sie kommen aus allen Teilen Indiens und nutzen die niedrigen Preise zur Nebensaison. Sie belegen einen grossen Reisebus und kichern ueber uns. Wir besichtigen als erstes eine Art Freiluftmuseum und ein altes portugiesisches Haus. Der Eintritt ist teurer als die ganzeFahrt, weshalb wir auch die Einzigen waren, die sich das geleistet haben. Der Rest hat (wir haben das aber gar nicht bemerkt) eine Stunde draussen gewartet. Dann zwei Tempel im Schnelldurchlauf, dann eine Kathedrale in Old Goa, in der die Reste von Franz Xavier liegen, der Gruender des Jesuiten-Ordens, die zweihundert Jahre lang nicht verwest sind. Es ist schon seltsam mit einer Gruppe Indern ein katholisches Bauwerk anzuschauen. Sie haben tatsaechlich alle mal den Mund gehalten. Zum Mittag in einem Schnellrestaurant half uns ein Ehepaar aus Delhi und erklaerte uns die Speisen. Sehr nett die beiden und sehr westlich, waren sogar noch zu Mauerzeiten schonmal in Berlin. Ansonsten hat man immer Fussball als Gespraechsthema ueber Deutschland. Nach noch einigen Aussichtspunkten und Straenden war die Tour vorbei. Wir versuchten erneut, den Sonnenuntergang vom hoteleigenen Restaurant aus zu beobachten und hatten wieder dicke Regenwolken und Sturm. Nicht gerade das perfekte Strandwetter. Noch dazu sind alle unsere Sachen feucht und muffeln, das Klopapier ist klitschnass, der Strom (und damit der Ventilator) faellt staendig aus und die Jungs vom Hotel spielen statt Bollywoodhits einen Technosong, der nur aus Huehnergackern besteht.
Wir reisen ab. Wenn die Sonne scheint, ist das aber durchaus ein Platz zum Haengenbleiben, also nichts gegen Goa :-)
2 Comments:
ich kann mir lebhaft vorstellen wie der arme sveni leiden musste bei eurer tour im kreis. :o) ich kenn doch meine jenny. hihi.
so das ist jetzt mein zweiter comment an meinem zweiten jennys-blog-lese-tag toll nicht?! ich möchte ganz viel respekt und freude deinerseits darüber.
liebe grüße hopelsau
nicki, ich weiss das zu wuerdigen und bin unglaublich dankbar und hocherfreut :-) bitte weiter so!
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