After Work
Die Bilder zeigen gewöhnliche Passanten eines Ostberliner Problembezirks mit dem Stigma des in der Großstadt Verlorenen und nicht selten dem des Verlierers. Der Blick auf die Arbeiterklasse, die es so nicht mehr gibt, hat einen leicht melancholischen Unterton. Einige Portraitierte sind anwesend, ein Bier in der Hand, um ihre "rohe, vermeintlich kulturlose Energie nachhaltig zu zelebrieren“. Doch Platz für Gesellschaftskritik ist in unserer Runde nicht, viel wichtiger ist, dass immer ein volles Glas Wein vorhanden ist. Was macht man mit dem angebrochenen Abend? Nach Hause und allein vor den Fernseher? Könnte Melancholie hervorrufen. Ich will was Lustiges machen, auf Dächern rumklettern oder so. Aber die Wetterbedingungen sprechen dagegen. Ich wähle den Musiker als Ich-will-auf-jeder-Veranstaltung-einen-ansprechen-Opfer. Das ist ganz leicht, ich frage, ob man ihn buchen könne und schon habe ich den Kontakt. Mehr will ich dann aber doch nicht. Alternative: Einer der Anwesenden weiß eine Party in Schöneberg. Zu sechst in den Twingo und über die nassen Straßen Richtung Westen. Nach einer halben Stunde finden wir das Rosenheims, ein edles Lokal mit Kronleuchtern und Ledersofas. Wer am Eingang den Namen des Gastgebers weiß, bekommt ein grünes Bändchen um den Arm und isst und trinkt ab sofort auf fremde Kosten. Feine Sache, auch wenn der Name eines Halbägypters nicht so einfach zu merken ist. Er wird 40 und dementsprechend ist das Durchschnittsalter der Gäste bei Mitte 40. Architekten sind hier in der Überzahl. Es gibt Minibohnen an Kartoffelmus und gebratenem Rinderfilet aus Cocktailgläsern, auf der Karte dominieren Champagnersorten. Zum Glück hab ich noch meine Bürosachen an, damit bin ich wenigstens nicht underdressed. Wir trinken einen Cocktail nach dem anderen und lockern mit Tanzeinlagen die steife Runde etwas auf. Der DJ spielt klassische Rocksongs, der Lebensabschnittsgefährte der Mutter des 40-Jährigen plaudert Familiengeschichten aus und versucht sich live an der Gitarre. Eigentlich ganz nett hier, aber trotzdem nicht meine Welt.
Dennoch muss ich einen kennenlernen. Der einzige Anwesende unter 40 sieht ganz gut aus, ich stelle mich ihm in den Weg direkt an der Bar. Es funktioniert, er spricht mich an. Das hätte er nicht tun sollen, sein Sprechtempo ist zum Einschlafen und auf seine Stimmhöhe springen meine Hormone auch nicht an. Dennoch ist er Produzent eines Theaterstückes einer freien Gruppe. Er stellt mir gleich noch den Autor des Stückes und die Hauptdarsteller vor und schon hab ich eine Premiereneinladung. Kann man ja mal anschauen ...
(Mehr Fotos von diesem Abend gibt es beim Klick auf die Überschrift oder rechts bei Mein Flickr.)
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