9. Februar 2008

Als ich ein Groupie war

Ich war da! Ich hab ihn gesehen! Der Beweis:



In alten Klamotten mit verschließbaren Jackentaschen mache ich mich auf den Weg zum Kino International. Nicht etwa schon morgens um acht, wie einige andere, sondern erst eine halbe Stunde vor Filmbeginn. So ein Star kommt schließlich auf den letzten Drücker! Die sechsspurige Straße vor dem Kino ist abgesperrt, Polizei und Krankenwagen sind in großer Zahl vorhanden. Noch ist alles ganz ruhig, aus den Boxen kommt in Dauerschleife der Titelsong des neuen Bollywoodhits. In der Mitte liegt der rote Tepich, links und rechts Absperrungen, dann ein Gang für Journalisten und Kameramänner, dahinter stehen die Fans. Nicht etwa nur 14-jährige Mädchen, auch ältere Frauen, Männer und sehr viele Inder warten und warten und warten. Manche haben Bierkästen (praktisch als Verpflegung und Fußbank) mit, einige sogar Leitern zum Hochklettern. Mittendrin stehen Schaukästen für Kinoplakate, ein idealer Aussichtspunkt! Ich stelle mich auf eine schmale Metallkante an den Rand der Glasscheiben und ziehe mich hoch, so dass ich mich mit der linken Hand an einem Griff festhalten kann und mit der rechten die Kamera in Richtung Geschehen halten.
Dann endlich, eine schwarze Limousine fährt vor. Die Menge fängt an zu kreischen und zu drängeln. Fehlalarm. Noch eine Limousine mit dem Berlinale-Logo hält vorm Eingang. Wieder ein anderer. Unwichtig. Doch dann, endlich steigt ER aus. Genau in dem Moment fasst mir ein Wachmann an die Füße: "Runterkommen!" Ich: "Jaja, gleich!" Irgendwo da vorne tummeln sich Fotoapparate, Arme, Autogramme und Mikrofone um vier Bodyguards. Zwischen ihnen muss ER wohl stehen. Aber ich kann ihn kaum sehen! Er ist so klein, gerade mal 1,73 m. Da, schwarze Haare! Ein Arm! Er geht weiter, die Kameras schwenken mit. Ich muss doch wenigstens einmal sein Gesicht sehen! Also rauf auf den Schaukasten, die Glasplatte ist schon kaputt. Ich knie mich auf den Metallrahmen. Genial, ich kann ihn sehen. Es kracht, die obere Glasscheibe ist zerbrochen und in den Kasten gefallen. Es schert niemanden, nur den Kinoinhaber, der uns mit gefalteten Händen anfleht, da bitte bitte runter zu kommen. Es kracht noch einmal und ich sehe mich mit Glasspittern im Körper vor meinem inneren Auge. Das ist es nicht wert, ich springe runter. Mein linker Arm ist ohne Gefühl, meine Kniescheiben sind gespalten und die Beine zittern. Rein in die Masse, drängeln und den Fotoapparat ganz hoch halten. Durch das Display der Kameras vor mir sehe ich ihn ganz nah. Die Leute drücken, schreien, rufen. So etwas ist ansteckend! Er winkt nochmal, verbeugt sich, lacht und verschwindet durch die Tür. Alle drängen an die Fenster, und hämmern dagegen. Hoffentlich ist das Sicherheitsglas! Es hält, und er ist weg. Jetzt kommen die peinlichen Faninterviews. Vorzugsweise mit denen, die sich indisch gekleidet und geschminkt haben. Am Montag werden sie dann vor den Fernsehern hocken und sich im Sat1-Frühstücksfernsehen bewundern.
Zehn Minuten Pause, es kehrt Ruhe ein, die Masse löst sich auf. Aber Moment mal, mir kommt ein Satz in den Sinn, über den ich früher Stunden nachgedacht habe: Alles, was irgendwo rein geht, kommt auch wieder raus. ER wird sich ja nicht seinen eigenen Film ansehen. Das Kino hat einen Seiteneingang und tatsächlich, auch dort ist abgesperrt und nur wenige Menschen haben die gleiche Idee wie ich. Die Limousine steht schon da, die Security-Leute telefonieren, das heißt, er kommt gleich. Keine Scheinwerfer, kein Teppich. Er kommt raus und könnte zwei Meter weiter in die geöffnete Wagentür steigen, doch er geht noch einmal zu seinen Fans. Fast berührt er meine Hand, die Blitzlichter machen es taghell. Nach ein paar Minuten steigt er doch ein. Die Polizei hat Mühe den Weg freizumachen. Sie bilden eine Kette, ich schlüpfe durch die Beine. Die Scheinwerfer weisen den Weg. Da sitzt er auf der Rückbank und raucht. Geschafft. Das Auto fährt an, das Polizeikommando lautet "Mitlaufen!" Wir rennen los, ein blonder Polizist und ich, bis der Fahrer richtig Gas gibt. Wir geben auf, bleiben stehen, sehen uns an und müssen laut loslachen. "Det is ja wie im Fernsehn hier, wa?"

N24 berichtet:

3 Comments:

Anonymous Anonym said...

Hej Jenny,
in unserer Zeitung steht heut was von deinem Filmstar....ich bring's dir morgen mit, ja?

9. Februar 2008 um 22:26  
Blogger suja said...

Om Shanti, Om Sharuk, coole Sache! Wie Andreas aus Nepal schreibt, hat sogar die Himalayan Times von Sharuks Berlin-Ausflug berichtet... ich habe da gleich mal auf deinen Blogeintrag hingewiesen. Den Film guck ich mir auch noch an!

10. Februar 2008 um 22:40  
Blogger Jenny said...

Blogs sind die neuen News: Mein Video ist innerhalb von zwei Tagen 1.500 mal angesehen, 5 mal verlinkt worden und ist das fünft- meistgesehenste Video in der Kategorie People & Blogs bei youtube. Kein Kommentar.

11. Februar 2008 um 10:05  

Kommentar veröffentlichen

<< Home