Feuerherz
"Es gibt Leute, die haben Glück, und es gibt Leute, die haben Geld. Ich habe beides." So die Worte meines 14-jährigen Neffen, kurz nachdem wir unter Blitzlichtgewitter den roten Teppich zum Berlinale-Palast überschritten. Wie es dazu kam? Wir fuhren zum Potsdamer Platz, einfach so, um mal zu schauen, wie es da so in echt aussieht. Es ist kurz nach vier und die Anzahl der Leute auf dem Platz noch überschaubar. Plötzlich spricht neben uns eine Stimme in ein Mikro. Wir stehen neben einem Radio 1-Stand und die Stimme erklärt uns, dass hier jetzt Freikarten zu gewinnen sind, für alle die, die es am Dienstag 10 Uhr vergeblich online versucht hatten, welche zu kaufen. 100 orangene Dosen werden verteilt, ich greife eine und entdecke die Nummer 18 auf dem inneliegenden Zettel. Der Moderator liest die Gewinnerzahlen vor: 3, 11, 27, ... Schade! Na gut, dann gehen wir halt weiter. Nebenbei realisiere ich, dass da gerade noch die 18 durchs Mikro ausgerufen wird. 18? Hier! Schon haben wir zwei Karten mit dem goldenen Bären in der Hand. Unverkäuflich steht da. Reihe 1-9. Welcher Film eigentlich? Feuerherz! Ein Film über Kindersoldaten in Eritrea. Heiß diskutiert, da nicht bewiesen ist, ob die Autorin autobiografisch schreibt oder nicht. Jetzt verstehe ich auch die einzelnen Demonstranten auf dem Platz: "Gegen die Verklärung Afrikas" und "Für ein realistisches Geschichtsbild" steht auf ihren Schildern. Das kann ja spannend werden!
Wir werden aufgefordert, hinein zu gehen und laufen mit einem Lächeln auf den Lippen über den roten Teppich. Vor und hinter uns Menschen, scheinbar prominente, denn sie werden andauernd fotografiert. Ob wir auf den Bildern ausgeschnitten werden? Schließlich passen wir im bunten Wollpullover, Jeans, Turnschuhen und mit Einkaufstüten in den Händen nicht so ganz zum schwarzen Designeroutfit der anderen. Am Eingang sind alle Audio- und Videogeräte abzugeben, damit niemand auf die Idee kommt, die Deutschlandpremiere des Films ins Internet zu stellen. Der Saal ist riesig, die Zuschauer entweder aus der Filmbranche oder mit Afrika verbunden. Dieter Moor begrüßt uns, die Produzenten werden von Spots an ihren Platz verfolgt. Der Film beginnt. Sprache ist Tigrinya. Aller zehn Minuten schließe ich Augen und Ohren, um mich vor allzu grausamen Szenen zu schützen. Mein Neffe, reichlich gewöhnt an Horror- und Killerszenen ist tapferer. Ein guter Film, sagt er. Da bin ich aber froh. Weigert er sich doch sonst, realistische Dramen zu sehen. Am Ende kommt die gesamte Filmcrew auf die Bühne. Nur die wichtigste Person fehlt: die zehnjährige Hauptdarstellerin Letekidan Micael. Dafür tönen Skandalrufe aus dem hinteren Block, eine Frau schimpft und schreit. Das Lager wäre eine ganz normale Schule, keine Militärausbildungsstätte. Die Autorin des Romans blickt stolz und selbstsicher in die Kameras, um ihren Hals ein weißes Tuch mit roten Kinderhandabdrücken, ihre Finger permanent zum Victory-Zeichen geformt. Hm. Der Applaus verebbt, der Saal leert sich. Wir fahren nach Hause und lesen die Online-Kritiken zum Film. Unbefriedigend. Ich frage mich, wie die kleine Darstellerin das Gedrehte verarbeitet, kommt sie doch selbst aus einem Flüchtlingslager. Die Waffen, die Opfer, die Schreie. Mich verfolgen sie bis in den Schlaf.
Wir werden aufgefordert, hinein zu gehen und laufen mit einem Lächeln auf den Lippen über den roten Teppich. Vor und hinter uns Menschen, scheinbar prominente, denn sie werden andauernd fotografiert. Ob wir auf den Bildern ausgeschnitten werden? Schließlich passen wir im bunten Wollpullover, Jeans, Turnschuhen und mit Einkaufstüten in den Händen nicht so ganz zum schwarzen Designeroutfit der anderen. Am Eingang sind alle Audio- und Videogeräte abzugeben, damit niemand auf die Idee kommt, die Deutschlandpremiere des Films ins Internet zu stellen. Der Saal ist riesig, die Zuschauer entweder aus der Filmbranche oder mit Afrika verbunden. Dieter Moor begrüßt uns, die Produzenten werden von Spots an ihren Platz verfolgt. Der Film beginnt. Sprache ist Tigrinya. Aller zehn Minuten schließe ich Augen und Ohren, um mich vor allzu grausamen Szenen zu schützen. Mein Neffe, reichlich gewöhnt an Horror- und Killerszenen ist tapferer. Ein guter Film, sagt er. Da bin ich aber froh. Weigert er sich doch sonst, realistische Dramen zu sehen. Am Ende kommt die gesamte Filmcrew auf die Bühne. Nur die wichtigste Person fehlt: die zehnjährige Hauptdarstellerin Letekidan Micael. Dafür tönen Skandalrufe aus dem hinteren Block, eine Frau schimpft und schreit. Das Lager wäre eine ganz normale Schule, keine Militärausbildungsstätte. Die Autorin des Romans blickt stolz und selbstsicher in die Kameras, um ihren Hals ein weißes Tuch mit roten Kinderhandabdrücken, ihre Finger permanent zum Victory-Zeichen geformt. Hm. Der Applaus verebbt, der Saal leert sich. Wir fahren nach Hause und lesen die Online-Kritiken zum Film. Unbefriedigend. Ich frage mich, wie die kleine Darstellerin das Gedrehte verarbeitet, kommt sie doch selbst aus einem Flüchtlingslager. Die Waffen, die Opfer, die Schreie. Mich verfolgen sie bis in den Schlaf.
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