Jakarta & Yogyakarta
Im Februar sah ich in der Tagesschau Bilder aus Jakarta. Damals wusste ich nur, dass das irgendwo in Indonesien ist und das wiederum irgendwo in Suedostasien. Drei Viertel der Millionenstadt standen unter Wasser. Kinder hockten auf den Wellblechdaechern, lachten in die Kamera, waehrend neben ihnen Schlammmassen durch ihre Haeuser stroemten. Als das Wasser wieder zurueck geht, bleiben nichts als Berge von Muell und Schlamm.
Marion sah diese Bilder nicht in der Tagesschau, sondern hier in Singapur - nur wenige Kilometer entfernt. Ihre Kollegin bekam eine Nachricht von einer Freundin aus Jakarta, sie bat darum zu beten, dass die Wassermassen nicht noch mehr zerstoeren. Marion rief ihre alte Schule in Zuoz an, sie sammelten fuer die Flutopfer. Ihre Idee, die Spende vor Ort zu uebergeben und meine Idee, Yogyakarta zu besuchen, ergaenzten sich zu folgender Reise.
Die Vorbereitungen waren vergleichsweise umfangreich: Wir brauchten beide am selben Tag Urlaub, obwohl uns keiner zusteht. Der Flug am Mittwoch Abend war schon ausgebucht. Der Weg von Jakarta nach Yogyakarta ist lang, aber wir wollen wirklich nicht mit Garuda Indonesia fliegen. Und erst recht nicht mit einer indonesischen Billigfluggesellschaft. Bleibt nur eins: Zug fahren. Ich lese Reiseberichte von katastrophalen Zustaenden der Zuege und Schienen, Verspaetungen von 6 Stunden, Zustaende wie im Huehnerstall. Passagiere werden gestapelt, sowohl in als auch auf dem Zug. Aber es soll auch eine Business-Class geben, die werden wir ausprobieren, nicht weil wir nicht mal indonesisch reisen wollen, sondern weil wir ueber Nacht fahren muessen. Die Zugtickets kann man nicht online buchen, muss sie aber eine Woche im voraus kaufen, sonst ist es zu spaet. Von 20 Reiseagenturen, die ich in Jakarta angeschrieben habe, hat keine einzige geantwortet. Es gibt kaum Internetseiten auf englisch, wenn dann sind sie aus den 90ern. Unsere Rettung ist Katja, Praktikantin bei Siemens in Jakarta. Sie kauft fuer uns die Tickets und bringt sie kurz vor Abfahrt bei ihrem Singapurbesuch mit. Tausend Dank!
Wir buchen ein Hostel, mein Chef erkundigt sich bei seinem Kollegen in Jakarta nach den momentanen Umstaenden und Marion arrangiert ein Treffen mit Yuli, der indonesischen Freundin ihrer Kollegin. Jetzt ist alles geklaert, es kann losgehen!
Donnerstag
Morgens 6 Uhr Flughafen Changi Airport. Eine halbe Stunde vor Abflug wollen sie schon das Gate schliessen, das bedeutet Fruehsport fuer uns - rennen! Doch es kommt noch schlimmer: Ich muss mein kleines Lieblingstaschenmesser, das mir mein Papa zur Volljaehrigkeit geschenkt hat, in eine grosse Muelltonne werfen. Es hatte sich heimlich in meinem Rucksack versteckt. Ich bin untroestlich und trauere bis wir in Jakarta landen. Ein kleiner Flughafen fuer eine 18-Millionen-Stadt, die ueblichen Taxi-Angebote, aber wir wissen was wir wollen. Damri-Bus! Die Firma von Arman aus Padang. Es gibt keinen Sitzplatz mehr im Bus und so verbringen wir eine Stunde im Stau auf dem Weg zum Bahnhof auf dem Boden sitzend, indonesische Popmusik aus den 70ern uebertoent das laute Gehupe. Vorsichtige Blicke aus dem Fenster zeigen dreckige Strassen, Menschen in zerloecherten Sachen, Holzhuetten, Muellberge. Dazwischen Wolkenkratzer, Limousinen, Geschaeftsmaenner. Wir sind da. Die Tuer geht auf. Bevor ich auch nur einen Fuss aus dem Bus setzte, strecken sich unzaehlige Arme nach mir aus. "Hello!" "Transport?" "Taxi?" Sie greifen nach mir und nach meinem Rucksack. Bloss weg hier. Aber es gibt kein Entkommen. Sie verfolgen uns bis auf die Toilette. Selbst energische "No!"-Schreie und abwehrende Gesten helfen nicht. Wir haben immer eine Traube von mindestens sechs Maennern um uns, die uns irgendwo hinfahren wollen. Zum Glueck entdeckt uns Yuli und kommt mit ausgebreiteten Armen auf uns zu. Eine huebsche Frau, Ende 20, perfektes Englisch, sehr sehr herzlich. Jetzt wird alles gut! Wir laufen im Regen zur einzigen Sehenswuerdigkeit Jakartas: das Nationalmonument (Monas). 137 Meter hoch, die Flamme auf der Spitze ist mit 35 kg Gold verziert und symbolisiert Indonesiens Unabhaengigkeit. Laut Jakartas Homepage aehnelt die Form einem marmorierten Phallus, der das Befruchten symbolisiert. Ein Fahrstuhl faehrt uns bis nach oben, wir geniessen die frische Luft, den Wind in der Hoehe und blicken ueber eine riesige Stadt mit tausenden kleinen Huetten, gespickt von einigen Hochhaeusern und Moscheen. Danach ist Zeit fuers Mittagessen, wir wuenschen uns ein ganz normales Restaurant. Yuli bringt uns mit dem Tuk Tuk zu einem, wo es das beruehmte Padang Essen gibt. Es sieht tatsaechlich aus wie auf Sumatra, wir bekommen drei Teller Reis, eine Wasserschale fuer die Haende und zwanzig kleine Tellerchen mit diversen Fleisch-, Fisch- und Gemuesevariationen. Endlich wieder mit den Fingern essen :-) Yuli klaert uns ueber Inhalt und Schaerfegrad auf. Mein Lieblingsgericht ist Lamm in Kokosmilch mit Zucker. Dann ein Fisch in rot-schwarzer Panade, mein Mund faengt an zu brennen, die Nase zu tropfen, ich habe ein Deja-Vu.
Als Nachtisch gibt's einen frisch gepressten Ananas-Mango-Saft und einen Spaziergang durch die Strassen. Wir wollen nicht ins Einkaufszentrum, lieber in kleinen Gassen das wirkliche Leben entdecken. Vorbei an handgemalten Kinoplakaten, an von Fliegen umschwaermten Essstaenden, an staunenden Schulkindern, Karrierefrauen in der Mittagspause, Stacheldraht, streunenden Katzen, dunklen Wohnzimmern, vermuellten Abwasserkanaelen, dazu der Gesang des Muezzins, der Staub der Abgase, das Lachen der Kinder. Sie begruessen uns mit "Hello Mister!", springen vor die Kamera. Die Kleinen suchen Schutz vor uns grossen, weissen Menschen auf Mamas Arm. Wenn ich doch nur mit ihnen sprechen koennte!
Es regnet immer staerker, eine Frau moechte uns ihren Regenschirm ausleihen. Schon kommt eine Hand voll Kinder mit weiteren Schirmen angerannt. Wir lassen uns von Schirm und Maedchen zur Hauptstrasse begleiten und fahren im Taxi zurueck zum Bahnhof. Trotz obligatorischem Bahnsteiggroschen ist dieser voellig ueberfuellt, die Reisenden stehen dicht an dicht. Es rauscht ein Zug vorbei und tatsaechlich - die Leute sitzen auf dem Zug obendrauf! Wie im Film! Durch die offenen Tueren und Fenster sieht man gequetschte Koerper und Gepaeck. Unser Zug, der Bima-Express, ist hingegen von hoechstem Komfort: jeder hat einen einzelnen Sitz mit ausreichend Beinfreiheit, den man drehen und zurueckklappen kann. Es gibt ein eine Klimaanlage, Kissen, Decken, einen Fernseher pro Waggon und sogar Essen wie im Flugzeug! Das Ticket fuer 9 Stunden Fahrt in der Exklusivklasse kostet 200 000 Rupiah, das sind weniger als 20 Euro. Es sind wirklich alle Karten ausverkauft. Die Reise beginnt mit nur 15 Minuten Verspaetung und ich kann den Blick aus dem Fenster nicht mehr abwenden: Wir fahren durch die Slums von Jakarta. Unvorstellbar. Bretterverschlaege dicht an dicht, dazwischen schmale Schlammwege, Kinder in kaputten Kleidern. Menschen hocken auf den Muellhalden und graben mit ihren Haenden nach Verwertbarem. Immer wieder bremst der Zug, weil die Haeuser so dicht an den Gleisen stehen. Hinter jeder Schranke stauen sich Mopeds, Fussgaenger, Autos. Mit der Zeit wird es laendlicher, in den Reisfeldern spiegelt sich die untergehende Sonne. Wir verstauen unser Gepaeck so gut es geht unter uns und den Decken und schlafen ein. Laut Schaffner sind wir um eins da, laut Plan um zwei. Mein Wecker klingelt also kurz vor eins, wir wollen ja den Ausstieg nicht verpassen. Es ist nach eins, als der Zug ploetzlich anhaelt. Ein kleiner Bahnhof, junge Maenner liegen eng umschlungen auf Pappen auf dem Bahnsteig und schlafen. Alle Passagiere im Zug schlafen auch, kein Schaffner in Sicht. Ich wecke jemanden und frage. Nein, das kann es nicht sein. Weiter geht es durch die dunkle Nacht, manchmal schimmert eine Petroleumlampe vor einer Haustuer. Kurz vor drei kommen wir in Yogyakarta auf einem belebten Bahnhof an. Wir sind gespannt, ob unser Hostel jemanden geschickt hat um uns abzuholen. Nach drei Mails und einem Telefonat hatten sie zwar zugesagt, aber man weiss ja nie. Tatsaechlich kommt uns einer entgegen mit unseren Namen auf einem Zettel. Wunderbar. Wir folgen ihm aus dem Bahnhof, die Taxifahrer lassen uns in Ruhe und nach nichtmal fuenf Minuten zu Fuss ueber die Strasse und durch zwei schmale Gassen sind wir schon da. Die Homepage des Hostels hatte nicht zu viel versprochen! Der Besitzer ist Kuenstler, er malt und taetowiert. Alle Raeume sind bunt gestaltet, bis ins kleinste Detail passt alles zusammen. Ein gruener Innenhof, eine winzige, aber wundervolle Dachterrasse. Wir bekommen ein sauberes Zimmer nur fuer uns mit eigenem Bad und Klimaanlage - ein Traum! Wir besuchen noch schnell den Vollmond auf der Terrasse, bevor wir uns ganz unseren Traeumen hingeben :-)
Freitag
Es gibt ein traumhaftes Fruehstueck unterm Sonnenschirm auf dem Dach, Eierkuchen mit Ananas und Schokosauce, dazu frisch gepressten O-Saft. Da in Indonesien heute erst der Waisak-Day 2551 (so weit ist deren Zeitrechnung schon) ist, sind alle Busse, die uns zum hinduistischen Prambanan bringen koennten, auf dem Weg zur Waisak-Zeremonie in Borobodur. Wir gehen also ersteinmal auf die beruehmte Jalan Malioboro, eine Prachtstrasse voller Haendler, Staende und Menschen. Pferdekutschen und Fahrradrikschas saeumen den Rand, gelegentlich liegt der Fahrer zusammengekruemmt auf der Sitzbank und schlaeft. Geschlafen wird hier ueberall, auf jedem kleinsten Fleck im Schatten erholen sie sich von den Strapazen des Alltagsgeschaefts.
Wie erwartet werden wir an jeder Ecke angesprochen, nicht nur, ob wir Transport benoetigen, sondern auch, dass wir unbedingt in eine Batik-Ausstellung gehen sollen. Das sei fuer Studenten kostenlos und ganz toll. Aber wir sind vorgewarnt, man soll aus diesen Einrichtungen nur mit wesentlich weniger Geld wieder herauskommen als man hineingekommen ist, da man zum Kauf von diesen "Kunstwerken" regelrecht gezwungen wird. Alles Abwehren hilft nicht, wir wechseln die Taktik: Ignorieren. Hilft auch nicht. Es ist ein gutes Training im "Nicht-so-schnell-genervt-sein." Manche folgen uns und zeigen uns ungefragt die tollsten Dinge, aber wir lassen uns nicht vom Weg abbringen. Zum Mittag gibt es frittierte Kartoffeltaschen mit Mais (das weiss man natuerlich erst, wenn man reinbeisst - dem Aussehen nach koennte das alles moegliche sein) und Marions Vorfuehrung "Wie organisiere ich ein Auto zu Pramabanan zum Spottpreis ohne mich uebers Ohr hauen zu lassen". Es gelingt ihr mit Bravour und schon sitzen wir in einem neuen Jeep mit Ledersitzen, Klimaanlage und lauter Technomusik aus dem Kassettendeck. 17 km weiter wirft er uns auf einem staubigen Platz voller Souvenirstaende wieder raus. Die Sonne brennt, wir kaufen Wasser und Tickets (10 US Dollar pro Person, das ist doppelt so teuer wie unser Hotelzimmer). Einen Guide wollen wir uns nicht mehr leisten, ich habe ausgedruckte Wiki-Texte dabei. Marion stellt sich "zufaellig" neben eine Praktikantin, die gerade ihren Text vor erfahrenen Guides uebt. Was fuer ein Glueck, sie hat gerade Pruefung und wir werden gefragt, ob wir dabei sein wollen. Jetzt haben wir also doch einen Guide, und kurz darauf kommen noch zwei weitere Praktikanten dazu, die ihr helfen sollen und uns ebenfalls begleiten. Wir lassen uns also durch den Park fuehren und von muslimischen Maedchen im Kopftuch die hinduistischen Legenden von Brahma erzaehlen. Die meisten der 250 Tempel sind nur noch Steinhaufen, aber einige wurden wieder zusammengepuzzelt. (Unser 22-jaehriger Guide: "Die Steine passen zusammen wie ein Puzzle, so wie Mann und Frau.")
Leider sind die drei Haupttempel, die den Goettern Shiva, Vishnu und Brahma geweiht sind, wegen Einsturzgefahr zur Zeit geschlossen. Das Erdbeben im Mai 2006 hat starke Spuren hinterlassen, die meisten Tempel sind nur noch Steinhaufen. Trotzdem ist die Anlage zutiefst beeindruckend. Danach gibt's ein Picknick im Park, wir sitzen auf Decken auf dem Boden und essen Nudeln und Gemuese von zusammengenaehten Bananenblaettern. Es gibt auch Wachteln im Ganzen gebraten. Freunde und Fremde kommen dazu und machen Fotos von uns. Wir sollen den Praktikanten noch Feedback gehen und schreiben einen Bericht ueber die Qualitaet der Fuehrung und ihr Englisch, der Pruefer kommt auf dem Moped angefahren und unterzeichnet unsere Beurteilung. Auf der anderen Seite des Parks befinden sich noch weitere Tempel, aber dort verirrt sich niemand mehr hin ausser junge Liebespaerchen, die die Abgeschiedenheit geniessen. Wir stoeren sie ein bisschen und klettern in und auf den Tempeln herum. Stilistisch sind sie eine Mischung aus hinduistisch und buddhistisch. Die Sonne geht langsam unter und laesst zum ersten Mal den 3000 m hohen Vulkan Merapi zum Vorschein kommen. Sonst ist er wolkenverhangen, jetzt ist er sichtbar, nur eine kleine Rauchfahne kommt aus der Spitze. Die letzte Eruption war erst vor einem Jahr. Ein bewegender Anblick!
Wir haben keine Lust den langen Weg zurueckzulaufen und fragen unsere Guides nach Transport. Es ist aber niemand ausser uns und fussballspielenden Jugendlichen anwesend. Eine Minute spaeter steht er auf einem Moped vor uns und faehrt uns zurueck bis an den Eingang. Wir bedanken uns fuer die Begleitung und geben ihnen etwas Taschengeld. Als naechstes steht das Ramayana-Ballett auf unserem Plan. Es waere ein Stueck zu laufen, aber soweit kommt es gar nicht. Bevor wir uns versehen, sitzen wir zu dritt(!) auf dem Moped eines Mannes und fahren durch die Vollmondnacht. Mit Erreichen des Ziels hat Marion ploetzlich 40 Mueckenstiche auf ihren Armen, die binnen kuerzester Zeit zu dicken roten Flatschen anschwellen. Das Kratzgeraeusch wird mich bis in die Nacht verfolgen! Zum Trost kaufen wir zum Abendessen den ganzen Snack-Stand leer: Kaffee, Wasser, Waffeln, Chips, Isodrink und Schokoriegel.
Das Ballett findet auf einer Open-Air-Buehne vor der Kulisse der beleuchteten Prambanan-Tempels statt. Ich koennte die ganze Nacht hier sitzen und einfach nur diesen Anblick geniessen. Traumhaft! Auf der Buehne springen 250 Taenzer in bunten, phantasievollen Kostuemen herum und spielen Geschichten aus der Ramayana-Legende, eine Art indische Odyssee ueber den Prinzen Rama, der seine Frau Sita, die ihm von dem daemonischen Riesen Rhawana geraubt wurde, mit Hilfe des Koenigs der Affen wiedergewinnt. Dazu traditionelle Musik von einem Gamelan-Orchester, bestehend aus Metallophonen, Gongs, Trommeln und Saengerinnen. Wirklich eine schoene Darbietung.
Zurueck in Yogya leisten wir uns im Restaurant unseres Kuenstlers eine Tomatensuppe, ein Nasi Goreng und Guacamole. Dann muessen wir wenigstens einen Blick auf die Party eine Strasse weiter werfen, es ist eine Live-Band in einem Pub. Um zwoelf darf ich dann endlich kalt duschen und schlafen.
Samstag
Der Wecker klingelt 4.30 Uhr. Wieder nur vier Stunden Schlaf, das ist mittlerweile mein Durchschnitt.
Ein kleiner Reisebus holt uns ab und faehrt uns mit 5 anderen franzoesischen Touristen zu Borobodur. Wir sind noch vor sechs da und taumeln schlaftrunken aus dem Bus, als eine wilde Horde Maenner auf uns zukommt und uns Batterien und Filme fuer den Fotoapparat verkaufen will. Abgesehen davon, dass wir alle Digitalkameras haben, ist es mir echt zu viel, morgens um sechs irgendwelchen Kram aufgedraengt zu bekommen. Aber ich habe Verstaendnis und schweige. Diesmal 11 US$ Eintritt. Die Sonne ist gerade aufgegangen und vor uns erscheint der Borobodur-Tempel im schoensten Licht. Wir klettern die Stufen ganz nach oben. Eine spekatulaere Aussicht auf vier Vulkane, den Regenwald im Morgennebel und die aufgehende Sonne entschaedigt alles.
Die obersten drei Terassen sind mit 72 glockenfoermigen Stupas bebaut, in jeder sitzt ein Buddha. Wir nehmen seine Haltung ein, geniessen die Ruhe und schauen ins Land. Nach einer halben Stunde harmonischer Idylle kommen die Busse mit den Schulkindern. Ploetzlich wird es laut und voll. Ab sofort ist nicht mehr der Borobodur die Attraktion sondern wir. Immer wieder fragen sie, ob sie ein Foto mit uns haben koennen. Einige wollen ihr Englisch praktizieren, drei Jungs im schwarzen Kapuzenpulli erzaehlen uns etwas ueber die indonesische Kultur und die muslimische Religion. Es kommen die gleichen Fragen wie auf den Touristenfrageboegen auf Sumatra: "Was denkst du von den indonesischen Menschen? Wie findest du die indonesische Kultur? Wie gefaellt dir die indonesische Natur? Erzaehl mir was ueber Deutschland. Erzaehl mir was ueber die deutsche Kultur." (Was ist denn bitte die deutsche Kultur?) Ich bin mittlerweile trotz aller Hoeflichkeit nicht mehr in der Lage alle diese Fragen zu beantworten, zum Glueck ist Marion nicht abgeneigt und unterhaelt sich interessiert. Ich moechte lieber noch einmal um die Spitze herumlaufen und die Reliefs ansehen, die Buddhas Leben darstellen. Doch ich komme keine zwei Meter, da fragt mich ein Lehrer, ob seine Schueler mit mir ein Foto machen koennten. Ich nicke und schon stuermen dreissig Kinder auf mich los und wollen alle einzeln(!) ein Foto mit mir. Und dann der Hoehepunkt: Eine Lehrerin will ein Autogramm auf ihre Eintrittskarte. Von mir! Ich frage, ob sie mich mit einem Filmstar verwechseln. "No no, you are so beautiful!" Also wenn es jemandem mal an Schmeicheleinheiten mangeln sollte, Indonesien kann ich da nur empfehlen ...
Nach zwei Stunden befreien wir uns aus den Klauen der Teenager und gehen zurueck zum Ausgang, belagert von Souvenirverkaeufern. Sie schlagen Preise vor von Dingen, die du noch nichtmal angesehen hast, geschweige denn irgendeine Form von Interesse an ihnen bekundet hast. Sie handeln wie von selbst ohne ein Wort von dir, gehen im Preis runter, flehen dich an, laufen dir nach. Es ist nicht leicht hart zu bleiben. Mittlerweile geben wir den Bettlern, von alten Frauen bis Kindern sind das Menschen jeden Alters, Muenzen. Das scheint hier ueblich zu sein, die Fahrer machen das auch. Wenn man an der Ampel steht, streckt einer die Hand durch's Fenster, der naechste schrammelt auf einer Minigitarre.
Wir bekommen ein kleines Fruehstueck an einem der hundert Essensstaende, auch hier ist man vor Haendlern und Bettlern nicht sicher, und um neun geht's wieder zurueck. Obwohl der Fahrer meint, wir koennten jetzt eine Stunde schlafen, halten wir an noch zwei kleineren Tempeln und "wenn es nichts ausmachen wuerde, noch an einer Silberfabrik." Aber nein, es macht uns ueberhaupt nichts aus, gerne halten wir noch an einem Silberverkaufsplatz.
Endlich zurueck im Hostel erlauben wir uns einen Mittagsschlaf, denn es regnet. Nachmittags ist Shoppingtime, die Malioboro rauf und runter, es ist heiss und trocken. Der Regen hat nichts abgekuehlt, es ist noch schwueler. Wir lassen uns wie Prinzessinnen von einer Pferdekutsche zum Sultanspalast (Kraton) fahren, der wirklich noch von einem Sultan bewohnt wird. Leider hat er schon zu, der Wasserpalast auch. Aber das Theater hat noch offen! Wir bestaunen eine Puppenwerkstatt, die die Figuren fuer das Wayang, ein Schattenspiel, herstellt. Es gibt flache Lederfiguren und Hoelzerne, sie werden wahnsinnig aufwaendig hergestellt. Man unterscheidet drei Qualitaetsklassen, die preislich dementsprechend variieren. Eine halbstuendiges Verkaufsgespraech schliesst sich an, die Herren naehmen jede Waehrung und sogar Kreditkarte, wir erhielten Studentenrabatt. Aber unser Budget reicht auch dafuer nicht. Marions Mama hat einige von den grossen Holzpuppen zu Hause, sie war vor 30 Jahren selbst hier.
Vor dem Theater gibt's noch ein Nasi Goreng, sehr lecker, bis auf den Moment wo Marion auf ein winizges Stueck Chilischote beisst. Sie wird knallrot, die Luft bleibt ihr weg, ich schiebe ihr Gurke in den Mund, Wasser, verlange nach purem Reis, das verstehen sie aber nicht, Brot gibt es auch keins. Sie scherzen, ob es zu scharf sei? Marion befuerchtet, dass sie nie wieder ihren Hals spueren wird. Aber irgendwie wird's doch langsam besser und wir schleichen uns zur Schattentheaterauffuehrung. Es sind circa 15 Musiker, ein Puppenspieler und fuenf Zuschauer im Raum. Die Geschichte aehnelt der von Ramayana. Es ertoenen bizarre Klaenge, eine alte unverstaendliche Sprache, aber trotzdem ein schoenes Schauspiel in magischer Atmosphaere.
Um zehn geht's zurueck mit der Rikscha, leider bergauf, heisst, wir werden die ganze Zeit geschoben. Man fuehlt sich wie ein kleiner Koenig und das fuer ein paar Cent. In der Gasse zu unserem Hostel finden wir mitten in der Nacht alles, was uns noch fehlt: ein T-Shirt, Geldwechsler, Postkarten, Badelatschen. Wir checken aus, gehen zum Bahnhof und besteigen puenktlich um Mitternacht unseren Zug.
Sonntag
Ich schlafe bis zum Sonnenaufgang um fuenf, Marion wie immer bis ich sie kurz vor Ankunft wecke. Wieder spiegelt sich die Sonne in den Reisfeldern, wieder tauchen kurz vor Jakarta die Slums auf. Am Bahnhof werden uns Yuli und ihr Bruder mit dem Auto abholen, dann werden wir in genau so einen Slum fahren und ohne die schuetzende Fensterscheibe mittendrin stehen. Puenktlich um neun sind wir wieder an der Gambir-Station. Yulis Bruder Rudi ist 21, spricht ein paar Worte englisch und faehrt Papas Jeep. Wir fahren nur ein kleines Stueck an den Fluss, parken am Strassenrand und gehen in eine schmale Gasse. Hier hat die Flut im Februar am schlimmsten gewuetet, die Bretterhuetten liegen brach und tuermen sich mit Muellbergen direkt am Ufer. Wir gehen geradezu durch das kleine Wohngebiet, die Kinder, die vorher in dunklen, feuchten Zimmern auf dem Boden rumlagen, schliessen sich uns an, alle schauen ganz erstaunt. Hier war wirklich noch nie ein Tourist. Am Ufer sitzt ein alter Mann mit Stock, ueber den Boden kriecht eine Ratte. Ich fotografiere einen Steg am Wasser, ploetzlich taucht eine Frau aus der Hocke auf. Das ist kein Steg, das ist die Toilette! Ich entschuldige mich bei ihr, obwohl sie kein Wort englisch versteht, die anderen lachen nur. Sie vergleichen wieder unsere Haut, black and white. Yuli redet mit den Eltern, was die Kinder hier am dringendsten brauchen. Wir einigen uns auf Milchpulver und Schulsachen, Stifte und Schreibpapier. Es sind 66 Familien, die hier auf engstem Raum wohnen, jede hat vier bis sechs Kinder. Yuli wird die Sachen kaufen und spaeter herbringen. Sie bedanken sich, wir machen uns wieder auf den Rueckweg.
Essenszeit, aber ich habe keinen Hunger. Es gibt Reis und Huehnchen, die Knochen werden mitgegessen, sie sind recht weich. Danach moechten uns die beiden den Beautiful Indonesia In Miniature Park (Taman Mini Indonesia Indah) zeigen. Von 33 indonesischen Provinzen gibt es ein typisches Haus im eigenen Stil, gefuellt mit kulturellen Ausstellungsstuecken der Region. Ich erkenne die Hochzeitskleidung und die Minangkabauhaeuser aus Westsumatra :-)
Wegen der unertraeglichen Mittagshitze trinken wir einige Liter Wasser pro Tag, so dass sich auch die Toilettenbesuche haeufen. Leider! Ich bin mittlerweile perfekt im Meistern folgender Situation: Die "Toilette" besteht auf Java aus nichts als einem kleinen Raum, der Boden ist gefliest, die Waende schimmeln und die Toilette selbst ist das obere Ende eines Abflussrohres, das ebenerdig endet. Das heisst, man muss ein kleines Loch von vier Zentimeter Durchmesser treffen, wenn man mit trockenen Schuhen und Hosen den Raum verlassen will. Man spuelt mit einer Kelle Wasser aus einer kleinen Tonne, indem man den Boden samt allem was daneben gegangen ist, flutet. Die eigenen Fuesse mittendrin. Die Tasche haengt irgendwie um den Hals, man kann sie nicht abstellen, weil ja der Boden nass ist. Die Haken an der Wand gehen bei der kleinsten Belastung zu Bruch. Mit einer Hand haelt man sich die Nase zu, mit der anderen Hand haelt man das von zu Hause mitgebrachte Klopapier. Wenn dann auch noch der Vorhang (es gibt keine Tuer, nur einen duennen Vorhang ohne Haken zum Festmachen) durch einen Windstoss freie Sicht verschafft, ist die Herausforderung perfekt :-)
Im selben Gelaende ist auch noch eine Unterwasserwelt und eine Insektenausstellung. In einem Becken ist ein riesiger Fisch, ich kann nicht glauben, dass er echt ist. Er sieht aus wie der der Riesenfisch aus "Der Fischer uns seine Frau". Die Schuppen sind so gross wie ein Handteller! Die Augen erst! Er bewegt sich tatsaechlich. Ab sofort glaube ich an Maerchen. Die Riesenschmetterlinge und -kaefer koennen mich dann nicht mehr schocken. Auf der Wiese vor den Museen tollt ein kleines Zirkusaeffchen herum, so suess! Ich moechte es am liebsten mit nach Hause nehmen, damit es nicht mehr in bunten Kostuemen Kunststueckchen machen muss.
Zu guter Letzt fahren wir noch in eine der besten Malls von Jakarta, Musik und Essen kaufen. Ich komme mir vor wie im Westen, es gibt sogar richtigen Kaese! Natuerlich zu horrenden Preisen, aber so ein Babybel sollte schon drin sein :-)
Auf dem Weg zum Bahnhof bleibt das Auto stehen und springt nicht mehr an. Yuli ist das sehr peinlich, aber wir beruhigen sie und sagen, dass wir es gar nicht in Worte ausdruecken koennen, wie dankbar wir ihr sind. Was haetten wir nur sie und das Auto den ganzen Tag in der Hitze mit uns und unserem Gepaeck angestellt? Wir verabschieden uns von Rudi (nicht ohne die Fragen nach Boyfriend und Telefonnummer :-), Yuli begleitet uns im Taxi zum Bahnhof, damit wir auch sicher im richtigen Bus zum Flughafen landen. Aber die Damri-Fahrer meinen, es gibt so spaet (es ist halb sieben) keinen Bus mehr! Yuli entschuldigt sich die ganze Zeit unnoetigerweise bei uns und handelt mit dem Taxifahrer einen Festpreis zum Flughafen aus: 90 000 Rupiah und er zahlt die Maut (ist an jeder Autobahnauf- und -abfahrt faellig). Der Abschied von Yuli ist sehr sehr herzlich und auch ein bisschen traurig, aber die Zeit draengt. Der Taxifahrer redet die ganze Zeit mit uns, ich gebe ihm immer wieder die gleiche Antwort: "Saya tidak bisa Bahasa Indonesia." Ich spreche keine indonesisch. Er versucht durch diverse Tricks mehr Geld zu bekommen, aber nicht mit uns. Auf dem Flughafen vertilgen wir noch alle Saefte und Fruechte, bevor wir in die Welt unserer Buecher abtauchen. Wir fliegen zurueck ins saubere Singapur und reihen uns in die meterlange Taxischlange ein. Willkommen zu Hause!
Die Bilder
Marion sah diese Bilder nicht in der Tagesschau, sondern hier in Singapur - nur wenige Kilometer entfernt. Ihre Kollegin bekam eine Nachricht von einer Freundin aus Jakarta, sie bat darum zu beten, dass die Wassermassen nicht noch mehr zerstoeren. Marion rief ihre alte Schule in Zuoz an, sie sammelten fuer die Flutopfer. Ihre Idee, die Spende vor Ort zu uebergeben und meine Idee, Yogyakarta zu besuchen, ergaenzten sich zu folgender Reise.
Die Vorbereitungen waren vergleichsweise umfangreich: Wir brauchten beide am selben Tag Urlaub, obwohl uns keiner zusteht. Der Flug am Mittwoch Abend war schon ausgebucht. Der Weg von Jakarta nach Yogyakarta ist lang, aber wir wollen wirklich nicht mit Garuda Indonesia fliegen. Und erst recht nicht mit einer indonesischen Billigfluggesellschaft. Bleibt nur eins: Zug fahren. Ich lese Reiseberichte von katastrophalen Zustaenden der Zuege und Schienen, Verspaetungen von 6 Stunden, Zustaende wie im Huehnerstall. Passagiere werden gestapelt, sowohl in als auch auf dem Zug. Aber es soll auch eine Business-Class geben, die werden wir ausprobieren, nicht weil wir nicht mal indonesisch reisen wollen, sondern weil wir ueber Nacht fahren muessen. Die Zugtickets kann man nicht online buchen, muss sie aber eine Woche im voraus kaufen, sonst ist es zu spaet. Von 20 Reiseagenturen, die ich in Jakarta angeschrieben habe, hat keine einzige geantwortet. Es gibt kaum Internetseiten auf englisch, wenn dann sind sie aus den 90ern. Unsere Rettung ist Katja, Praktikantin bei Siemens in Jakarta. Sie kauft fuer uns die Tickets und bringt sie kurz vor Abfahrt bei ihrem Singapurbesuch mit. Tausend Dank!
Wir buchen ein Hostel, mein Chef erkundigt sich bei seinem Kollegen in Jakarta nach den momentanen Umstaenden und Marion arrangiert ein Treffen mit Yuli, der indonesischen Freundin ihrer Kollegin. Jetzt ist alles geklaert, es kann losgehen!
Donnerstag
Morgens 6 Uhr Flughafen Changi Airport. Eine halbe Stunde vor Abflug wollen sie schon das Gate schliessen, das bedeutet Fruehsport fuer uns - rennen! Doch es kommt noch schlimmer: Ich muss mein kleines Lieblingstaschenmesser, das mir mein Papa zur Volljaehrigkeit geschenkt hat, in eine grosse Muelltonne werfen. Es hatte sich heimlich in meinem Rucksack versteckt. Ich bin untroestlich und trauere bis wir in Jakarta landen. Ein kleiner Flughafen fuer eine 18-Millionen-Stadt, die ueblichen Taxi-Angebote, aber wir wissen was wir wollen. Damri-Bus! Die Firma von Arman aus Padang. Es gibt keinen Sitzplatz mehr im Bus und so verbringen wir eine Stunde im Stau auf dem Weg zum Bahnhof auf dem Boden sitzend, indonesische Popmusik aus den 70ern uebertoent das laute Gehupe. Vorsichtige Blicke aus dem Fenster zeigen dreckige Strassen, Menschen in zerloecherten Sachen, Holzhuetten, Muellberge. Dazwischen Wolkenkratzer, Limousinen, Geschaeftsmaenner. Wir sind da. Die Tuer geht auf. Bevor ich auch nur einen Fuss aus dem Bus setzte, strecken sich unzaehlige Arme nach mir aus. "Hello!" "Transport?" "Taxi?" Sie greifen nach mir und nach meinem Rucksack. Bloss weg hier. Aber es gibt kein Entkommen. Sie verfolgen uns bis auf die Toilette. Selbst energische "No!"-Schreie und abwehrende Gesten helfen nicht. Wir haben immer eine Traube von mindestens sechs Maennern um uns, die uns irgendwo hinfahren wollen. Zum Glueck entdeckt uns Yuli und kommt mit ausgebreiteten Armen auf uns zu. Eine huebsche Frau, Ende 20, perfektes Englisch, sehr sehr herzlich. Jetzt wird alles gut! Wir laufen im Regen zur einzigen Sehenswuerdigkeit Jakartas: das Nationalmonument (Monas). 137 Meter hoch, die Flamme auf der Spitze ist mit 35 kg Gold verziert und symbolisiert Indonesiens Unabhaengigkeit. Laut Jakartas Homepage aehnelt die Form einem marmorierten Phallus, der das Befruchten symbolisiert. Ein Fahrstuhl faehrt uns bis nach oben, wir geniessen die frische Luft, den Wind in der Hoehe und blicken ueber eine riesige Stadt mit tausenden kleinen Huetten, gespickt von einigen Hochhaeusern und Moscheen. Danach ist Zeit fuers Mittagessen, wir wuenschen uns ein ganz normales Restaurant. Yuli bringt uns mit dem Tuk Tuk zu einem, wo es das beruehmte Padang Essen gibt. Es sieht tatsaechlich aus wie auf Sumatra, wir bekommen drei Teller Reis, eine Wasserschale fuer die Haende und zwanzig kleine Tellerchen mit diversen Fleisch-, Fisch- und Gemuesevariationen. Endlich wieder mit den Fingern essen :-) Yuli klaert uns ueber Inhalt und Schaerfegrad auf. Mein Lieblingsgericht ist Lamm in Kokosmilch mit Zucker. Dann ein Fisch in rot-schwarzer Panade, mein Mund faengt an zu brennen, die Nase zu tropfen, ich habe ein Deja-Vu.
Als Nachtisch gibt's einen frisch gepressten Ananas-Mango-Saft und einen Spaziergang durch die Strassen. Wir wollen nicht ins Einkaufszentrum, lieber in kleinen Gassen das wirkliche Leben entdecken. Vorbei an handgemalten Kinoplakaten, an von Fliegen umschwaermten Essstaenden, an staunenden Schulkindern, Karrierefrauen in der Mittagspause, Stacheldraht, streunenden Katzen, dunklen Wohnzimmern, vermuellten Abwasserkanaelen, dazu der Gesang des Muezzins, der Staub der Abgase, das Lachen der Kinder. Sie begruessen uns mit "Hello Mister!", springen vor die Kamera. Die Kleinen suchen Schutz vor uns grossen, weissen Menschen auf Mamas Arm. Wenn ich doch nur mit ihnen sprechen koennte!
Es regnet immer staerker, eine Frau moechte uns ihren Regenschirm ausleihen. Schon kommt eine Hand voll Kinder mit weiteren Schirmen angerannt. Wir lassen uns von Schirm und Maedchen zur Hauptstrasse begleiten und fahren im Taxi zurueck zum Bahnhof. Trotz obligatorischem Bahnsteiggroschen ist dieser voellig ueberfuellt, die Reisenden stehen dicht an dicht. Es rauscht ein Zug vorbei und tatsaechlich - die Leute sitzen auf dem Zug obendrauf! Wie im Film! Durch die offenen Tueren und Fenster sieht man gequetschte Koerper und Gepaeck. Unser Zug, der Bima-Express, ist hingegen von hoechstem Komfort: jeder hat einen einzelnen Sitz mit ausreichend Beinfreiheit, den man drehen und zurueckklappen kann. Es gibt ein eine Klimaanlage, Kissen, Decken, einen Fernseher pro Waggon und sogar Essen wie im Flugzeug! Das Ticket fuer 9 Stunden Fahrt in der Exklusivklasse kostet 200 000 Rupiah, das sind weniger als 20 Euro. Es sind wirklich alle Karten ausverkauft. Die Reise beginnt mit nur 15 Minuten Verspaetung und ich kann den Blick aus dem Fenster nicht mehr abwenden: Wir fahren durch die Slums von Jakarta. Unvorstellbar. Bretterverschlaege dicht an dicht, dazwischen schmale Schlammwege, Kinder in kaputten Kleidern. Menschen hocken auf den Muellhalden und graben mit ihren Haenden nach Verwertbarem. Immer wieder bremst der Zug, weil die Haeuser so dicht an den Gleisen stehen. Hinter jeder Schranke stauen sich Mopeds, Fussgaenger, Autos. Mit der Zeit wird es laendlicher, in den Reisfeldern spiegelt sich die untergehende Sonne. Wir verstauen unser Gepaeck so gut es geht unter uns und den Decken und schlafen ein. Laut Schaffner sind wir um eins da, laut Plan um zwei. Mein Wecker klingelt also kurz vor eins, wir wollen ja den Ausstieg nicht verpassen. Es ist nach eins, als der Zug ploetzlich anhaelt. Ein kleiner Bahnhof, junge Maenner liegen eng umschlungen auf Pappen auf dem Bahnsteig und schlafen. Alle Passagiere im Zug schlafen auch, kein Schaffner in Sicht. Ich wecke jemanden und frage. Nein, das kann es nicht sein. Weiter geht es durch die dunkle Nacht, manchmal schimmert eine Petroleumlampe vor einer Haustuer. Kurz vor drei kommen wir in Yogyakarta auf einem belebten Bahnhof an. Wir sind gespannt, ob unser Hostel jemanden geschickt hat um uns abzuholen. Nach drei Mails und einem Telefonat hatten sie zwar zugesagt, aber man weiss ja nie. Tatsaechlich kommt uns einer entgegen mit unseren Namen auf einem Zettel. Wunderbar. Wir folgen ihm aus dem Bahnhof, die Taxifahrer lassen uns in Ruhe und nach nichtmal fuenf Minuten zu Fuss ueber die Strasse und durch zwei schmale Gassen sind wir schon da. Die Homepage des Hostels hatte nicht zu viel versprochen! Der Besitzer ist Kuenstler, er malt und taetowiert. Alle Raeume sind bunt gestaltet, bis ins kleinste Detail passt alles zusammen. Ein gruener Innenhof, eine winzige, aber wundervolle Dachterrasse. Wir bekommen ein sauberes Zimmer nur fuer uns mit eigenem Bad und Klimaanlage - ein Traum! Wir besuchen noch schnell den Vollmond auf der Terrasse, bevor wir uns ganz unseren Traeumen hingeben :-)
Freitag
Es gibt ein traumhaftes Fruehstueck unterm Sonnenschirm auf dem Dach, Eierkuchen mit Ananas und Schokosauce, dazu frisch gepressten O-Saft. Da in Indonesien heute erst der Waisak-Day 2551 (so weit ist deren Zeitrechnung schon) ist, sind alle Busse, die uns zum hinduistischen Prambanan bringen koennten, auf dem Weg zur Waisak-Zeremonie in Borobodur. Wir gehen also ersteinmal auf die beruehmte Jalan Malioboro, eine Prachtstrasse voller Haendler, Staende und Menschen. Pferdekutschen und Fahrradrikschas saeumen den Rand, gelegentlich liegt der Fahrer zusammengekruemmt auf der Sitzbank und schlaeft. Geschlafen wird hier ueberall, auf jedem kleinsten Fleck im Schatten erholen sie sich von den Strapazen des Alltagsgeschaefts.
Wie erwartet werden wir an jeder Ecke angesprochen, nicht nur, ob wir Transport benoetigen, sondern auch, dass wir unbedingt in eine Batik-Ausstellung gehen sollen. Das sei fuer Studenten kostenlos und ganz toll. Aber wir sind vorgewarnt, man soll aus diesen Einrichtungen nur mit wesentlich weniger Geld wieder herauskommen als man hineingekommen ist, da man zum Kauf von diesen "Kunstwerken" regelrecht gezwungen wird. Alles Abwehren hilft nicht, wir wechseln die Taktik: Ignorieren. Hilft auch nicht. Es ist ein gutes Training im "Nicht-so-schnell-genervt-sein." Manche folgen uns und zeigen uns ungefragt die tollsten Dinge, aber wir lassen uns nicht vom Weg abbringen. Zum Mittag gibt es frittierte Kartoffeltaschen mit Mais (das weiss man natuerlich erst, wenn man reinbeisst - dem Aussehen nach koennte das alles moegliche sein) und Marions Vorfuehrung "Wie organisiere ich ein Auto zu Pramabanan zum Spottpreis ohne mich uebers Ohr hauen zu lassen". Es gelingt ihr mit Bravour und schon sitzen wir in einem neuen Jeep mit Ledersitzen, Klimaanlage und lauter Technomusik aus dem Kassettendeck. 17 km weiter wirft er uns auf einem staubigen Platz voller Souvenirstaende wieder raus. Die Sonne brennt, wir kaufen Wasser und Tickets (10 US Dollar pro Person, das ist doppelt so teuer wie unser Hotelzimmer). Einen Guide wollen wir uns nicht mehr leisten, ich habe ausgedruckte Wiki-Texte dabei. Marion stellt sich "zufaellig" neben eine Praktikantin, die gerade ihren Text vor erfahrenen Guides uebt. Was fuer ein Glueck, sie hat gerade Pruefung und wir werden gefragt, ob wir dabei sein wollen. Jetzt haben wir also doch einen Guide, und kurz darauf kommen noch zwei weitere Praktikanten dazu, die ihr helfen sollen und uns ebenfalls begleiten. Wir lassen uns also durch den Park fuehren und von muslimischen Maedchen im Kopftuch die hinduistischen Legenden von Brahma erzaehlen. Die meisten der 250 Tempel sind nur noch Steinhaufen, aber einige wurden wieder zusammengepuzzelt. (Unser 22-jaehriger Guide: "Die Steine passen zusammen wie ein Puzzle, so wie Mann und Frau.")
Leider sind die drei Haupttempel, die den Goettern Shiva, Vishnu und Brahma geweiht sind, wegen Einsturzgefahr zur Zeit geschlossen. Das Erdbeben im Mai 2006 hat starke Spuren hinterlassen, die meisten Tempel sind nur noch Steinhaufen. Trotzdem ist die Anlage zutiefst beeindruckend. Danach gibt's ein Picknick im Park, wir sitzen auf Decken auf dem Boden und essen Nudeln und Gemuese von zusammengenaehten Bananenblaettern. Es gibt auch Wachteln im Ganzen gebraten. Freunde und Fremde kommen dazu und machen Fotos von uns. Wir sollen den Praktikanten noch Feedback gehen und schreiben einen Bericht ueber die Qualitaet der Fuehrung und ihr Englisch, der Pruefer kommt auf dem Moped angefahren und unterzeichnet unsere Beurteilung. Auf der anderen Seite des Parks befinden sich noch weitere Tempel, aber dort verirrt sich niemand mehr hin ausser junge Liebespaerchen, die die Abgeschiedenheit geniessen. Wir stoeren sie ein bisschen und klettern in und auf den Tempeln herum. Stilistisch sind sie eine Mischung aus hinduistisch und buddhistisch. Die Sonne geht langsam unter und laesst zum ersten Mal den 3000 m hohen Vulkan Merapi zum Vorschein kommen. Sonst ist er wolkenverhangen, jetzt ist er sichtbar, nur eine kleine Rauchfahne kommt aus der Spitze. Die letzte Eruption war erst vor einem Jahr. Ein bewegender Anblick!
Wir haben keine Lust den langen Weg zurueckzulaufen und fragen unsere Guides nach Transport. Es ist aber niemand ausser uns und fussballspielenden Jugendlichen anwesend. Eine Minute spaeter steht er auf einem Moped vor uns und faehrt uns zurueck bis an den Eingang. Wir bedanken uns fuer die Begleitung und geben ihnen etwas Taschengeld. Als naechstes steht das Ramayana-Ballett auf unserem Plan. Es waere ein Stueck zu laufen, aber soweit kommt es gar nicht. Bevor wir uns versehen, sitzen wir zu dritt(!) auf dem Moped eines Mannes und fahren durch die Vollmondnacht. Mit Erreichen des Ziels hat Marion ploetzlich 40 Mueckenstiche auf ihren Armen, die binnen kuerzester Zeit zu dicken roten Flatschen anschwellen. Das Kratzgeraeusch wird mich bis in die Nacht verfolgen! Zum Trost kaufen wir zum Abendessen den ganzen Snack-Stand leer: Kaffee, Wasser, Waffeln, Chips, Isodrink und Schokoriegel.
Das Ballett findet auf einer Open-Air-Buehne vor der Kulisse der beleuchteten Prambanan-Tempels statt. Ich koennte die ganze Nacht hier sitzen und einfach nur diesen Anblick geniessen. Traumhaft! Auf der Buehne springen 250 Taenzer in bunten, phantasievollen Kostuemen herum und spielen Geschichten aus der Ramayana-Legende, eine Art indische Odyssee ueber den Prinzen Rama, der seine Frau Sita, die ihm von dem daemonischen Riesen Rhawana geraubt wurde, mit Hilfe des Koenigs der Affen wiedergewinnt. Dazu traditionelle Musik von einem Gamelan-Orchester, bestehend aus Metallophonen, Gongs, Trommeln und Saengerinnen. Wirklich eine schoene Darbietung.
Zurueck in Yogya leisten wir uns im Restaurant unseres Kuenstlers eine Tomatensuppe, ein Nasi Goreng und Guacamole. Dann muessen wir wenigstens einen Blick auf die Party eine Strasse weiter werfen, es ist eine Live-Band in einem Pub. Um zwoelf darf ich dann endlich kalt duschen und schlafen.
Samstag
Der Wecker klingelt 4.30 Uhr. Wieder nur vier Stunden Schlaf, das ist mittlerweile mein Durchschnitt.
Ein kleiner Reisebus holt uns ab und faehrt uns mit 5 anderen franzoesischen Touristen zu Borobodur. Wir sind noch vor sechs da und taumeln schlaftrunken aus dem Bus, als eine wilde Horde Maenner auf uns zukommt und uns Batterien und Filme fuer den Fotoapparat verkaufen will. Abgesehen davon, dass wir alle Digitalkameras haben, ist es mir echt zu viel, morgens um sechs irgendwelchen Kram aufgedraengt zu bekommen. Aber ich habe Verstaendnis und schweige. Diesmal 11 US$ Eintritt. Die Sonne ist gerade aufgegangen und vor uns erscheint der Borobodur-Tempel im schoensten Licht. Wir klettern die Stufen ganz nach oben. Eine spekatulaere Aussicht auf vier Vulkane, den Regenwald im Morgennebel und die aufgehende Sonne entschaedigt alles.
Nach zwei Stunden befreien wir uns aus den Klauen der Teenager und gehen zurueck zum Ausgang, belagert von Souvenirverkaeufern. Sie schlagen Preise vor von Dingen, die du noch nichtmal angesehen hast, geschweige denn irgendeine Form von Interesse an ihnen bekundet hast. Sie handeln wie von selbst ohne ein Wort von dir, gehen im Preis runter, flehen dich an, laufen dir nach. Es ist nicht leicht hart zu bleiben. Mittlerweile geben wir den Bettlern, von alten Frauen bis Kindern sind das Menschen jeden Alters, Muenzen. Das scheint hier ueblich zu sein, die Fahrer machen das auch. Wenn man an der Ampel steht, streckt einer die Hand durch's Fenster, der naechste schrammelt auf einer Minigitarre.
Wir bekommen ein kleines Fruehstueck an einem der hundert Essensstaende, auch hier ist man vor Haendlern und Bettlern nicht sicher, und um neun geht's wieder zurueck. Obwohl der Fahrer meint, wir koennten jetzt eine Stunde schlafen, halten wir an noch zwei kleineren Tempeln und "wenn es nichts ausmachen wuerde, noch an einer Silberfabrik." Aber nein, es macht uns ueberhaupt nichts aus, gerne halten wir noch an einem Silberverkaufsplatz.
Endlich zurueck im Hostel erlauben wir uns einen Mittagsschlaf, denn es regnet. Nachmittags ist Shoppingtime, die Malioboro rauf und runter, es ist heiss und trocken. Der Regen hat nichts abgekuehlt, es ist noch schwueler. Wir lassen uns wie Prinzessinnen von einer Pferdekutsche zum Sultanspalast (Kraton) fahren, der wirklich noch von einem Sultan bewohnt wird. Leider hat er schon zu, der Wasserpalast auch. Aber das Theater hat noch offen! Wir bestaunen eine Puppenwerkstatt, die die Figuren fuer das Wayang, ein Schattenspiel, herstellt. Es gibt flache Lederfiguren und Hoelzerne, sie werden wahnsinnig aufwaendig hergestellt. Man unterscheidet drei Qualitaetsklassen, die preislich dementsprechend variieren. Eine halbstuendiges Verkaufsgespraech schliesst sich an, die Herren naehmen jede Waehrung und sogar Kreditkarte, wir erhielten Studentenrabatt. Aber unser Budget reicht auch dafuer nicht. Marions Mama hat einige von den grossen Holzpuppen zu Hause, sie war vor 30 Jahren selbst hier.
Vor dem Theater gibt's noch ein Nasi Goreng, sehr lecker, bis auf den Moment wo Marion auf ein winizges Stueck Chilischote beisst. Sie wird knallrot, die Luft bleibt ihr weg, ich schiebe ihr Gurke in den Mund, Wasser, verlange nach purem Reis, das verstehen sie aber nicht, Brot gibt es auch keins. Sie scherzen, ob es zu scharf sei? Marion befuerchtet, dass sie nie wieder ihren Hals spueren wird. Aber irgendwie wird's doch langsam besser und wir schleichen uns zur Schattentheaterauffuehrung. Es sind circa 15 Musiker, ein Puppenspieler und fuenf Zuschauer im Raum. Die Geschichte aehnelt der von Ramayana. Es ertoenen bizarre Klaenge, eine alte unverstaendliche Sprache, aber trotzdem ein schoenes Schauspiel in magischer Atmosphaere.
Um zehn geht's zurueck mit der Rikscha, leider bergauf, heisst, wir werden die ganze Zeit geschoben. Man fuehlt sich wie ein kleiner Koenig und das fuer ein paar Cent. In der Gasse zu unserem Hostel finden wir mitten in der Nacht alles, was uns noch fehlt: ein T-Shirt, Geldwechsler, Postkarten, Badelatschen. Wir checken aus, gehen zum Bahnhof und besteigen puenktlich um Mitternacht unseren Zug.
Sonntag
Ich schlafe bis zum Sonnenaufgang um fuenf, Marion wie immer bis ich sie kurz vor Ankunft wecke. Wieder spiegelt sich die Sonne in den Reisfeldern, wieder tauchen kurz vor Jakarta die Slums auf. Am Bahnhof werden uns Yuli und ihr Bruder mit dem Auto abholen, dann werden wir in genau so einen Slum fahren und ohne die schuetzende Fensterscheibe mittendrin stehen. Puenktlich um neun sind wir wieder an der Gambir-Station. Yulis Bruder Rudi ist 21, spricht ein paar Worte englisch und faehrt Papas Jeep. Wir fahren nur ein kleines Stueck an den Fluss, parken am Strassenrand und gehen in eine schmale Gasse. Hier hat die Flut im Februar am schlimmsten gewuetet, die Bretterhuetten liegen brach und tuermen sich mit Muellbergen direkt am Ufer. Wir gehen geradezu durch das kleine Wohngebiet, die Kinder, die vorher in dunklen, feuchten Zimmern auf dem Boden rumlagen, schliessen sich uns an, alle schauen ganz erstaunt. Hier war wirklich noch nie ein Tourist. Am Ufer sitzt ein alter Mann mit Stock, ueber den Boden kriecht eine Ratte. Ich fotografiere einen Steg am Wasser, ploetzlich taucht eine Frau aus der Hocke auf. Das ist kein Steg, das ist die Toilette! Ich entschuldige mich bei ihr, obwohl sie kein Wort englisch versteht, die anderen lachen nur. Sie vergleichen wieder unsere Haut, black and white. Yuli redet mit den Eltern, was die Kinder hier am dringendsten brauchen. Wir einigen uns auf Milchpulver und Schulsachen, Stifte und Schreibpapier. Es sind 66 Familien, die hier auf engstem Raum wohnen, jede hat vier bis sechs Kinder. Yuli wird die Sachen kaufen und spaeter herbringen. Sie bedanken sich, wir machen uns wieder auf den Rueckweg.
Wegen der unertraeglichen Mittagshitze trinken wir einige Liter Wasser pro Tag, so dass sich auch die Toilettenbesuche haeufen. Leider! Ich bin mittlerweile perfekt im Meistern folgender Situation: Die "Toilette" besteht auf Java aus nichts als einem kleinen Raum, der Boden ist gefliest, die Waende schimmeln und die Toilette selbst ist das obere Ende eines Abflussrohres, das ebenerdig endet. Das heisst, man muss ein kleines Loch von vier Zentimeter Durchmesser treffen, wenn man mit trockenen Schuhen und Hosen den Raum verlassen will. Man spuelt mit einer Kelle Wasser aus einer kleinen Tonne, indem man den Boden samt allem was daneben gegangen ist, flutet. Die eigenen Fuesse mittendrin. Die Tasche haengt irgendwie um den Hals, man kann sie nicht abstellen, weil ja der Boden nass ist. Die Haken an der Wand gehen bei der kleinsten Belastung zu Bruch. Mit einer Hand haelt man sich die Nase zu, mit der anderen Hand haelt man das von zu Hause mitgebrachte Klopapier. Wenn dann auch noch der Vorhang (es gibt keine Tuer, nur einen duennen Vorhang ohne Haken zum Festmachen) durch einen Windstoss freie Sicht verschafft, ist die Herausforderung perfekt :-)
Im selben Gelaende ist auch noch eine Unterwasserwelt und eine Insektenausstellung. In einem Becken ist ein riesiger Fisch, ich kann nicht glauben, dass er echt ist. Er sieht aus wie der der Riesenfisch aus "Der Fischer uns seine Frau". Die Schuppen sind so gross wie ein Handteller! Die Augen erst! Er bewegt sich tatsaechlich. Ab sofort glaube ich an Maerchen. Die Riesenschmetterlinge und -kaefer koennen mich dann nicht mehr schocken. Auf der Wiese vor den Museen tollt ein kleines Zirkusaeffchen herum, so suess! Ich moechte es am liebsten mit nach Hause nehmen, damit es nicht mehr in bunten Kostuemen Kunststueckchen machen muss.
Zu guter Letzt fahren wir noch in eine der besten Malls von Jakarta, Musik und Essen kaufen. Ich komme mir vor wie im Westen, es gibt sogar richtigen Kaese! Natuerlich zu horrenden Preisen, aber so ein Babybel sollte schon drin sein :-)
Auf dem Weg zum Bahnhof bleibt das Auto stehen und springt nicht mehr an. Yuli ist das sehr peinlich, aber wir beruhigen sie und sagen, dass wir es gar nicht in Worte ausdruecken koennen, wie dankbar wir ihr sind. Was haetten wir nur sie und das Auto den ganzen Tag in der Hitze mit uns und unserem Gepaeck angestellt? Wir verabschieden uns von Rudi (nicht ohne die Fragen nach Boyfriend und Telefonnummer :-), Yuli begleitet uns im Taxi zum Bahnhof, damit wir auch sicher im richtigen Bus zum Flughafen landen. Aber die Damri-Fahrer meinen, es gibt so spaet (es ist halb sieben) keinen Bus mehr! Yuli entschuldigt sich die ganze Zeit unnoetigerweise bei uns und handelt mit dem Taxifahrer einen Festpreis zum Flughafen aus: 90 000 Rupiah und er zahlt die Maut (ist an jeder Autobahnauf- und -abfahrt faellig). Der Abschied von Yuli ist sehr sehr herzlich und auch ein bisschen traurig, aber die Zeit draengt. Der Taxifahrer redet die ganze Zeit mit uns, ich gebe ihm immer wieder die gleiche Antwort: "Saya tidak bisa Bahasa Indonesia." Ich spreche keine indonesisch. Er versucht durch diverse Tricks mehr Geld zu bekommen, aber nicht mit uns. Auf dem Flughafen vertilgen wir noch alle Saefte und Fruechte, bevor wir in die Welt unserer Buecher abtauchen. Wir fliegen zurueck ins saubere Singapur und reihen uns in die meterlange Taxischlange ein. Willkommen zu Hause!
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