Samstag in Singapur
Im Februar noch in Deutschland gab ich folgende Begründung für meine Reise an:
"Selbst gebildete Frauen vertragen nicht immer andauernd gleichmäßiges Glück und fühlen einen unbegreiflichen Antrieb zu Teufeleien und Narrheiten, durch die Abwechslung ins Leben kommt." - Bogumil Goltz: Zur Charakteristik und Naturgeschichte der Frauen.
Das erklärt doch alles, oder? Gestern waren 32 verschiedene Besucher auf dieser Seite, äußert Euch doch bitte mal!
Der Sandsturm hat sich gelegt, ich kann wieder ein Stück weiter blicken. Fertig bin ich noch lange nicht, aber ich bin zumindest wieder mit beiden Beinen auf dem Boden. Mit fehlte das Gleichgewicht. Also habe ich mich bzw. meinen Körper ausgetrickst: Um meine Gedanken in die Schranken zu weisen und meinen Halt wiederzufinden, mache ich jetzt Sport. Und zwar richtig: jeden Tag. Zumindest habe ich die Möglichkeit, mal sehen wie diszipliniert ich bin. Ich bin Mitglied im YMCA geworden, der Young Men's Christian Association of Singapore. Die bieten nämlich neben Sprachkursen, Ausflügen, Unterkünften usw. auch Tanzkurse und Sportstunden zu bezahlbaren Preisen an. Ich habe keine Lust auf moderne Fitnessstudios mit hippen Menschen, hier ist's familiärer. Dumm nur, dass man zur Anmeldung eine sechs-monatige Aufenthaltserlaubnis vorweisen muss. Meine gilt nur fünf und es wäre doch tatsächlich fast daran gescheitert, hätte ich nicht hartnäckig 20 Minuten die zuständige Dame angefleht und ihr versichert, dass das alles so unheimlich wichtig für mich wäre, bis sie jemanden angerufen hat und ihr die Ausnahme erlaubt wurde. Jetzt mache ich also (zumindest geplant) montags Cardio Latino, dienstags Aquarobics, mittwochs Kickboxing, donnerstags Pilates und samstags das Beste überhaupt: Bhangrarobics. Eine geniale Mischung aus Bollywood-Tanz und Fitness. So gut, dass ich jetzt an beiden großen Zehen Blasen auf der Unterseite habe. Obwohl das eine feste Gruppe ist (Frauen zwischen 20 und 60, nicht nur aus Indien), durfte ich dank meiner Tanzerfahrung mitmachen. Das macht total viel Spaß! Ich war fix und fertig danach, aber die Trainerin Zubaidah hat mich gelobt :-) Ich darf wiederkommen, obwohl das die Expertengruppe ist. Dann hat sie mir erzählt, dass Bhangrarobics gerade erst im Entstehen ist, mir ihre Vistenkarte gegeben und gesagt, dass wir unbedingt in Kontakt bleiben müssen.
Danach eine Runde schwimmen im Pool auf dem Dach des Gebäudes - genial!
Ich lese noch einige Seiten in Murakamis "Kafka am Strand" und schweife angeregt ab zu philosophischen Gedanken über die Psychologie des Menschen. Was das soll mit der Einsamkeit, der Liebe, dem Leben überhaupt? Mittags alleine in einem sonnigen Pool über den Dächern einer Millionenstadt irgendwo in Asien spüre ich mal wieder die Unzulänglichkeit meiner Erkenntnis. Ich schiebe es auf mein Alter, aber ich fürchte ich belüge mich damit. Doch statt einer Ohnmacht gleich diesen Gedanken nachzuhängen, verbringe ich den Rest des Tages lieber wie alle anderen Singapuris auch: shoppen, shoppen, shoppen. Erst in der Vivo City (teure Klamotten) am Hafen, dann im Yue Hwa (alle möglichen chinesischen Sachen, Essen, "Medizin") in Chinatown und abschließend im Mustafa Centre in Little India.
Gegen neun gehe ich zur Abend-Pooja in den Sri-Mariamman-Tempel. (Irgendwie ertappe ich mich dabei, dass ich mittlerweile fast jeden Tag in einen hinduistischen Tempel gehe. Habe mir auch schon ein Bild des Elefantengottes gekauft. Hm.) Ich setze mich neben eine Familie, die ein winziges Baby dabei hat.
Ein kleines Mädchen mit dichtem, schwarzen Haar. Ihre Augen sind dunkel geschminkt, sie ist in einen Sari gewickelt und trägt Armreifen und einen Ring. Sie ist höchstens ein paar Wochen alt. Um sie herum mehrere Frauen, Männer und zwei freche fünfjährige Jungs. Die Familie muss reich sein, sie haben ein Kindermädchen, eine Philippinin. Sie passt mit Jeans und T-Shirt irgendwie gar nicht ins Bild. Ich beobachte vergnügt das Treiben, bis mich die Oma des Babys anspricht und mir von den mitgebrachten Speisen anbietet. Ich bekomme einen Löffel gelben Nussreis in die rechte Hand. Gegessen wird ohne Hilfe einfach mit dem Mund, so wie wenn man einen Schluck Wasser aus der Hand trinkt. Dann noch eine Art Möhrensalat mit viel Zucker, lecker! Das Baby bekommt einen roten Punkt auf die Stirn und wird von Statue zu Statue getragen. Am Ende bitte ich, obwohl es mir sehr, sehr unangenehm ist, doch um ein Foto. Ja, aber gerne, wenn ich es ihnen denn zuschicke. Ich bekomme die Familienmitglieder und die Prozession erklärt (anlässlich des 30. Tages bedankt sich die Mutter dafür, dass es ihrem Baby wohl ergeht) und ihre Adresse aufgeschrieben. Vielleicht kann ich so doch noch Kontakt zu einer indischen Familie knüpfen?
"Selbst gebildete Frauen vertragen nicht immer andauernd gleichmäßiges Glück und fühlen einen unbegreiflichen Antrieb zu Teufeleien und Narrheiten, durch die Abwechslung ins Leben kommt." - Bogumil Goltz: Zur Charakteristik und Naturgeschichte der Frauen.
Das erklärt doch alles, oder? Gestern waren 32 verschiedene Besucher auf dieser Seite, äußert Euch doch bitte mal!
Der Sandsturm hat sich gelegt, ich kann wieder ein Stück weiter blicken. Fertig bin ich noch lange nicht, aber ich bin zumindest wieder mit beiden Beinen auf dem Boden. Mit fehlte das Gleichgewicht. Also habe ich mich bzw. meinen Körper ausgetrickst: Um meine Gedanken in die Schranken zu weisen und meinen Halt wiederzufinden, mache ich jetzt Sport. Und zwar richtig: jeden Tag. Zumindest habe ich die Möglichkeit, mal sehen wie diszipliniert ich bin. Ich bin Mitglied im YMCA geworden, der Young Men's Christian Association of Singapore. Die bieten nämlich neben Sprachkursen, Ausflügen, Unterkünften usw. auch Tanzkurse und Sportstunden zu bezahlbaren Preisen an. Ich habe keine Lust auf moderne Fitnessstudios mit hippen Menschen, hier ist's familiärer. Dumm nur, dass man zur Anmeldung eine sechs-monatige Aufenthaltserlaubnis vorweisen muss. Meine gilt nur fünf und es wäre doch tatsächlich fast daran gescheitert, hätte ich nicht hartnäckig 20 Minuten die zuständige Dame angefleht und ihr versichert, dass das alles so unheimlich wichtig für mich wäre, bis sie jemanden angerufen hat und ihr die Ausnahme erlaubt wurde. Jetzt mache ich also (zumindest geplant) montags Cardio Latino, dienstags Aquarobics, mittwochs Kickboxing, donnerstags Pilates und samstags das Beste überhaupt: Bhangrarobics. Eine geniale Mischung aus Bollywood-Tanz und Fitness. So gut, dass ich jetzt an beiden großen Zehen Blasen auf der Unterseite habe. Obwohl das eine feste Gruppe ist (Frauen zwischen 20 und 60, nicht nur aus Indien), durfte ich dank meiner Tanzerfahrung mitmachen. Das macht total viel Spaß! Ich war fix und fertig danach, aber die Trainerin Zubaidah hat mich gelobt :-) Ich darf wiederkommen, obwohl das die Expertengruppe ist. Dann hat sie mir erzählt, dass Bhangrarobics gerade erst im Entstehen ist, mir ihre Vistenkarte gegeben und gesagt, dass wir unbedingt in Kontakt bleiben müssen.
Danach eine Runde schwimmen im Pool auf dem Dach des Gebäudes - genial!
Ich lese noch einige Seiten in Murakamis "Kafka am Strand" und schweife angeregt ab zu philosophischen Gedanken über die Psychologie des Menschen. Was das soll mit der Einsamkeit, der Liebe, dem Leben überhaupt? Mittags alleine in einem sonnigen Pool über den Dächern einer Millionenstadt irgendwo in Asien spüre ich mal wieder die Unzulänglichkeit meiner Erkenntnis. Ich schiebe es auf mein Alter, aber ich fürchte ich belüge mich damit. Doch statt einer Ohnmacht gleich diesen Gedanken nachzuhängen, verbringe ich den Rest des Tages lieber wie alle anderen Singapuris auch: shoppen, shoppen, shoppen. Erst in der Vivo City (teure Klamotten) am Hafen, dann im Yue Hwa (alle möglichen chinesischen Sachen, Essen, "Medizin") in Chinatown und abschließend im Mustafa Centre in Little India.
Gegen neun gehe ich zur Abend-Pooja in den Sri-Mariamman-Tempel. (Irgendwie ertappe ich mich dabei, dass ich mittlerweile fast jeden Tag in einen hinduistischen Tempel gehe. Habe mir auch schon ein Bild des Elefantengottes gekauft. Hm.) Ich setze mich neben eine Familie, die ein winziges Baby dabei hat.
3 Comments:
Weißt Du noch, wie wir zusammen mit den schon zu alten und schon zu dicken Mädchen an der Uni einen Ballettkurs gemacht haben? Und abgezwitschert sind, als wir ein Programm vorführen sollten? Beim Bollywood-Tanzen hast Du hoffentlich mehr Spaß! Wenn Du im Übrigen demnächst Hinduistin wirst, begrüßen wir das sehr. Das scheint eine sehr freundliche und friedliche Religion zu sein. Oder wann hat man zuletzt davon gehört, daß sich ein Radikalhinduist in einem belebten Einkaufszentrum in die Luft gesprengt hat? An dieser Stelle Grüße an Herrn Schäuble. Hab heute eine Kamera gekauft!
Ich bin radikal dagegen, dass Du Hinduistin wirst und lege Dir dringend ans Herz, im YMCA auch was für die geistig-geistliche Gesundheit zu tun. Irgendwie habe ich den Eindruck, Dass Du in Singapur eine Außenposition zu Deiner Existenz einnimmst und erschüttert über die Außenwahrhnehmung Dich neu sortierst.
Das ist Reisen: Am Ende ist uns das, was wir kennenlernen wollten, erst recht fremd und unergründlich. Aber in Bezug auf uns selbst sehen wir plötzlich merkwürdig klar. Das ist auch vielen Astronauten so ergangen beim Blick auf den Blauen Planeten.
In einer christlichen Organisation Mitglied sein und hinduistische Tempel besuchen--> eine interessante Kombination !
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