Long live the King in กรุงเทพมหานคร
"Jenny, du musst los, du verpasst deinen Flug!" "Es ist doch erst halb vier!" "Aber du musst doch nochmal nach Hause, dein Gepaeck holen." "Das hab ich doch schon dabei." Ich zeige meinen kleinen Rucksack und meine Kolleginnen staunen unglaeubig. Ich erklaere: ein Handtuch, ein Bettlaken, Bikini, Zahnbuerste, Unterwaesche, Lonely Planet, Zettel mit Adressen und Tipps von Freunden. Mehr braucht man nicht fuer ein Wochenende in Bangkok, hauptsache viel Platz im Rucksack.
Zwei Stunden spaeter: einsteigen, einschlafen, aufwachen, aussteigen. Ortszeit halb acht, es ist dunkel, 30 Grad. An jeder Gangway steht in grossen gelben Buchstaben "LONG LIVE THE KING". Aha, einen Koenig haben die hier! Stimmt, ich erinnere mich an die Tagesschaubilder vom Militaerputsch im September, Panzer mit der gelben Flagge des Koenigs fuhren durch die Stadt. Seine Majestät König Bhumibol Adulyadej, Rama IX., (hat seit einem Autounfall am Genfer See ein Glasauge) wird von der Bevölkerung außerordentlich und freiwillig verehrt. In nahezu jedem Haushalt und öffentlichem Raum hängt sein Bild, jeden Montag tragen alle Thais gelbe Königs-T-Shirts. Vor jedem Kinofilm wird die Nationalhymne gespielt, dabei stehen alle auf und singen in Richtung des Königsbildes mit. Er wird wie ein Halbgott behandelt, wenn man sich über ihn lustig macht oder auf einen Geldschein (allesamt mit seinem Gesicht bedruckt) tritt, wird eine Gefängnisstrafe verhangen. Die Regierung hat die Seite youtube gesperrt, als Schmähvideos über den König auftauchten.
Die Stadt ist grau, ziemlich dreckig und ueberall sind Leute, die etwas verkaufen wollen, Hunde streunen umher. Mein Weg ist sehr einfach, alles kein Problem. Der Taxifahrer kennt sogar die Strasse und redet ein bisschen mit mir. Er will 300 Bhat haben, ich sage 150. Wir einigen uns auf das Taxameter. Resultat: 151 Bhat. Ich finde auf Anhieb das richtige Haus, der Wachmann sitzt in der Tiefgarage an einem Campingtisch, ruft Laura an und liest von thailaendischen Zeichen englische Worte ab.
Lauras Zimmer ist sehr schoen, gross, hell, eigenes Bad, Balkon, Fernseher, Telefon. Einen grossen Pool gibt's auch :-)
Sie bezahlt dafuer knapp 200 Euro, die Haelfte des Praktikantenlohns. Studierte Thais von einer guten Uni mit Top-Abschluss verdienen im Monat ca. 300 Euro. Wir sind hier also im gehobenen Viertel, wo die Reichen wohnen. Deshalb ist es auch kein Problem nachts alleine auf der Strasse zu sein.
Fuer den Willkommensdrink gehen wir in einen Antiquitaetenladen, der abends als Cafe genutzt wird. In der oberen Etage feiert der Bruder des Besitzers Eroeffnung seiner Kneipe. Ein bunter Raum mit verschiedenen Tischen und Stuehlen, eine Band spielt jazzartige Musik, alles ist voller Thais. Sehr nett! Es gibt Salat mit Lachs und Whiskey-Cola. Ich erzaehle Laura, Tina und Patrick, den drei Bangkoker Praktikanten, vom sauberen Singapur. Dann machen wir - oder besser gesagt sie - einen Plan, wie wir moeglichst viele Sehenswuerdigkeiten ohne Stress in zwei Tage packen. Am besten ich fange gleich mit der ersten an: Thai-Massage. Einmal um die Ecke und ich stehe vor einem Massagesalon, abends um zehn, innen vier junge Frauen, rosa Waende, helle Sessel, Betten mit Vorhang, huebsch dekoriert mit gefalteten Handtuechern und Rosen. Ich werde herzlich empfangen, bekomme weisse Pantoffeln angezogen, etwas zu trinken. Dann stellen sie meine Fuesse in warmes Wasser, eine Frau waescht sie mit einer Buerste und Seife. Sie trocknet sie liebevoll ab. Ich werde gebeten mich auf ein Bett zu setzen, der Vorhang geht zu, Dudelmusik a la Richard Clayderman an. Weite Leinenhosen und ein Schlafanzughemd (frisch gewaschen und gebuegelt) werden mir gereicht. Dann kommt die Dame zu mir. Es ist ein seltsames Gefuehl, eine Mischung aus Krankenhaus und Reeperbahn. Ich soll mich hinlegen, das komische Gefuehl verfliegt. Sie beginnt bei den Fuessen, arbeitet sich an den Beinen hoch. Dann die Arme, der Ruecken, Kopf und Nacken. Ich schlafe fast ein. Ein Traum! Nach einer Stunde ist es leider schon vorbei, ich bekomme noch einen Tee, bezahle 200 Baht (das sind 4 Euro) und verspreche morgen wiederzukommen. Danach ist nichts mehr mit mir anzufangen, ich gehe an Familien, die auf dem Buergersteig wohnen, Kakerlaken und heiligen Baeumen, geschmueckt mit bunten Tuechern und Opfergaben, vorbei nach Hause.
Sonnabend
4.30 am Morgen klingelt der Wecker. Erleben ist wichtiger als Erholen, mehr als fuenf Stunden Schlaf braucht man nicht! Wir (Laura, Tina, Patrick) wollen auf einen Floating Market, eine Art schwimmender Markt ausserhalb der Stadt. Wir fahren mit dem Taxi zur Busstation, dort treffen wir Kig (Mädchen) und Chao (Junge), zwei junge, hübsche Thais von Siemens, die uns begleiten wollen. Das ist das Beste was einem hier passieren kann, jemanden dabei zu haben, der diese Sprache kann und sich nicht ueber den Tisch ziehen laesst. Sie suchen uns den richtigen Bus, verhandeln die Preise und beantworten alle unsere Fragen. Wir wollen ihnen dafuer wenigstens die Tour bezahlen, sie lehnen ab, wir bestehen darauf.
Zwei Stunden spaeter sitzen wir puenktlich zum Beginn des Marktes von Damnoen Saduak in langen, schmalen Holzbooten, die uns durch die Kanaele schippern. Ein bisschen wie im Spreewald, nur dass der Wald aus Palmen besteht, die Haeuser luftiger und die Kinder duenner sind. Das Boot hat einen LKW-Motor als Antrieb und rast dementsprechend schnell in der Morgensonne durch die Kanaele in Richtung Markt. Dann kommen uns die ersten Boote entgegen, vollgepackt mit Fruechten, Essen, Kleidern, Souvenirs. Obwohl das eine beliebte Touristenattraktion ist, spueren wir durch die fruehen Morgenstunden das eigentliche Flair, die schwimmenden Garkuechen liefern den passenden Geruch.
Erst recht, als wir in kleine Nebenstrassen abbiegen: Kinder baden in den Kanaelen, Maenner waschen sich und Frauen die Waesche. Die Haeuser stehen auf Stelzen und sind mit unzaehligen Topfpflanzen geschmueckt. Minikrokodile (30 cm) kriechen am Ufer entlang. Wir trinken frische Kokosmilch mit Strohhalm direkt aus der Nuss und probieren alle moeglichen Fruechte, die wir nicht kennen, feilgeboten von Frauen mit Strohhueten. Ein kleiner Stopp bei einer traditionellen Tanzshow gibt einen ersten Eindruck von der thailaendischen Kultur.
Um zehn fahren wir wieder zurueck, der Markt ist noch am Vormittag zu Ende, sonst laesst sich's wahrscheinlich vor Hitze nicht aushalten. Es sind 36 Grad im Schatten. Wir unterbrechen die Fahrt an einer grossen Pagode namens Phra Pathom Chedi. Ein gigantisches Bauwerk (127 m hoch) mit unzaehligen Buddhastatuen. Es gibt an einer abgelegenen Stelle eine Hoehle mit einem kleinen Loch als Eingang, wir kriechen durch winzige Gaenge und entdecken am Ende einen kleinen, dicken Buddha mit der Aufschrift "Happy Monk" :-) Was will man uns wohl damit sagen?
Auf dem Weg zurueck nach Bangkok sehe ich zwei Elefanten auf der Wiese, meine ersten in (fast) freier Wildbahn.
Mittagessen am Busbahnhof in einem gehobenen Lokal. Ich esse Reis und Grünzeug, man isst hier nur mit Löffel und Gabel. Frauen, die etwas auf sich halten, haben den Löffel in der rechten Hand. Danke für den Hinweis, Laura!
Naechstes Ziel: der Chatuchak. Ein Wochenendmarkt mit 15.000 (ja, fuenfzehntausend) Staenden und wohl 200.000 Besuchern. Ein Gelände, auf dem wir nach vier Stunden vielleicht 1/20 von allem gesehen haben. Es gibt hier alles: von traditionellen Kleidern über Jeans, Schmuck, Moebel, Kunst, Medizin, allerlei lebende Tiere (auch Hunde und Schlangen) und und und ... Wahnsinn! Dabei kostet jedes Kleidungsstueck in angemessener Qualitaet hoechstens drei Euro. Es gibt aber leider nur Einheitsgroessen, so dass wir staemmigen Europaeer die Jeans schonmal vergessen koennen :-) Dank groesster Zurueckhaltung habe ich mich auf zehn Kleidungsstuecke beschraenken koennen. Und ein paar Turnschuhe fuer 5 Euro, die ich schon lange noch in Deutschland fuer 80 Euro haben wollte. Handeln ist Pflicht, es gibt keine angeschriebenen Preise, man beginnt ungefaehr beim Doppelten. Zwischendrin laden unzaehlige Essens- und Obststände zum Verweilen ein. Mein Hauptnahrungsmittel ist Melone und süße Ananas. Dicht gefolgt von frisch gepresstem Saft von allen mögliche Früchten für 40 cent.
Um sechs schließt der Markt, zum Glueck, sonst waeren wir wahrscheinlich die ganze Nacht geblieben. Wir fahren mit dem Tuk Tuk nach Hause. Nach einigen Verhandlungen auf Thai (Respekt, Laura!) und dubiosen Angeboten wie Zwischenstopps zum Einkaufen, die den Fahrern Tankgutscheine bringen, findet sich ein bezahlbares.
Es ist ein besonderes Erlebnis sich auf einer zweispurigen Straße, die vierspurig befahren wird, mit hohem Tempo durch die im Stau stehenden Busse und Autos zu schlängeln. Man fuerchtet fast das Dreirad kippt um! Hier fuehlt man den Smog besonders deutlich. Man muss sich das ungefaehr so vorstellen, wie wenn man die ganze Zeit mit dem Gesicht direkt vor dem Auspuff eines alten Busses steht, aus dem unablässlich heisse, schwarze Luft gestoßen wird. So fuehlt sich das hier die ganze Zeit an! Dazu 36 Grad und extrem hohe Luftfeuchte. Ich kann jeden verstehen, der eine Atemmaske trägt! Die Haut klebt und ist voller Staubpartikel, meine weiße Hose ist schon am ersten Tag grau.
Da hilft nur eins: Ab in den Pool und dann zur Fußmassage :-) Eine Stunde werden die Fuesse mit Oel eingerieben, die Waden massiert, Reflexzonen gedrueckt. In der Nachbarkabine schnarcht schon jemand. Am Ende gibts noch eine Massage fuer Haende, Nacken und Kopf, damit man wieder wach wird. Das hilft bei mir leider auch nicht mehr. Ich kann nur noch nach Hause trotten, Pub und Party absagen und selig einschlafen.
Sonntag
Sieben Uhr aufstehen ohne Probleme. Schade um das Bangkoker Nachtleben, aber man muss Prioritäten setzen. Motto des Tages: Sightseeing. Zuerst zum Grand Palace (Phra Borom Maha Ratcha Wang) mit dem Skytrain, ein sauberer und schneller Zug über der Stadt, dann mit dem Expressboot, eine effizientes Verkehrsmittel, denn auf dem Fluss ist kein Stau. Das Wasser ist braun und voller gruener Zweige, bewohnt u.a. von meterlangen Echsen. Aber noch lange nicht so unrein, wie die unzaehligen Klongs. Man sagt, wenn man da als Europäer rein fällt, bleiben einem nicht viele Tage zu leben. Die Bakterienzahl und -gefahr ist nicht zu unterschätzen. Bis 1950 waren die Klongs die einzigen Verkehrswege, dann wurden sie einfach zugeschuettet und zu Straßen umgebaut.
Auf diesen wird man ständig von Leuten angesprochen, die einem eine Tour oder sonstwas verkaufen wollen. Es passiert genau das, was im Reiseführer steht: Dieser Tempel sei angeblich gerade geschlossen, sie koennten einen zu einem anderen bringen, nur ein kleines Stueck weiter weg ... Aber das ist natürlich alles gelogen!
Den Grand Palace darf man nur in angemesser Kleidung betreten: bedeckte Schultern und Knie für Männer wie Frauen, sonst muss man sich einen Sarong ausleihen. Ich erspare Euch jetzt die Details, ich kann es eh nicht auch nur annähernd so beeindruckend wiedergeben wie es aussieht.
Gold und Glanz in Hülle und Fülle, wo man hinschaut, beeindruckende Gebäude in allen erdenklichen Farben und Formen. Überall dazwischen riesige Statuen, es duftet nach Räucherstäbchen und Blumenopfern. Die Thais beten zwischen den Touristen.
Im Zentrum steht der Wat Phra Kaew, die wichtigste religiöse Anlage in Thailand. Sie unterscheidet sich von allen anderen Wats daduch, dass hier keine Mönche wohnen. (Die begegnen einem hier übrigens häufig auf der Straße, sie tragen orangene Gewänder und man darf sie als Frau nicht berühren.) Das prächtige Gebäude beherbergt den Smaragdbuddha, er ist aus dunkelgrüner Jade gefertigt und die heiligste Buddhastatue in Thailand. Die Atmosphäre ist ähnlich wie in der Sixtinischen Kapelle im Vatikan, nur dass hier alle barfuss auf dem Boden sitzen und sich ehrfuerchtig verbeugen.
Wir ziehen unsere gelben Königs-T-Shirts an und werden sogleich Fotomotiv von anderen Touristen ("Please photo, your are so beautiful!"). Die Hitze macht uns trotz Nieselregen zu schaffen, wir verlassen das Gelände und gehen über einen Amulettmarkt (drei Straßen voller Amulettverkäufer und -käufer) zum Taxi. Wir steigen ein, der Fahrer weigert sich das Taxameter einzuschalten, wir steigen wieder aus. Mopedtaxi waer auch ne Alternative :-) Ich moechte noch die Khao San Road sehen, DAS Backpackerviertel. Es ist wie angekündigt, voller Individualtouristen, die irgendwie alle gleich aussehen, ein Hostel am anderen, unzählige Läden, Kneipen und so weiter. Davor die fahrbaren Essensstände, wo es die oft erwähnten Fleischspiesse gibt, bei denen man nicht ausschließen kann, dass es sich nicht um gebratenes Ratten- oder Hundefleisch handelt.
Iss nur was Fluegel hat! Dann doch lieber Shopping, nur ein bisschen. Ich werde von einem Ladyboy bedient. Unverkennbar. Er (oder sie?) lässt sich gerade die Beine von einem Mädchen eincremen. Sie scheinen hier in die Gesellschaft integriert zu sein, zumindest arbeiten sie ganz normal. Überhaupt ist Homosexualität hier bei weitem nicht verpönt. Der freie Umgang damit steht im Gegensatz zu der konservativen Einstellung was heterosexuelle Praktiken angeht.
Ich besteige noch den Golden Mount, eine goldüberzogene 58 m hohe Kuppel, fuer einen herrlichen 360°-Blick über die Stadt. Wir liegen gut in der Zeit, auf nach Little India. Dort wo wir es vermuten, ist nichts indisch und doch alles anders. Ein dunkles Viertel mit noch mehr Elend, Smog und Dreck. Ich kann es nicht beschreiben, ich hoffe, die Bilder sprechen für sich. Wir probieren giftgrüne, schwabbelige Süßigkeiten mit Sesam, eingetaucht in eine braune Sauce, die wie Karamelsirup schmeckt. Es gibt keinen Fleck, wo man mal kurz sitzen könnte. Die Hinterhöfe zeigen erbärmliche Wohnzimmer, ausgelegt mit Zeitungen und Platiktüten, Menschen liegen darauf rum und vertreiben die Fliegen. Uns wird ganz plötzlich schlecht, wir müssen hier raus. Wir fahren zum nobelsten Platz, dem Siam Center, waschen uns die Hände, kaufen Sushi zum Mitnehmen und dinnieren vorzüglich am Springbrunnen. Haut und Haare kleben noch immer von einem Gemisch aus Schweiß, Luftfeuchte, Staub und Abgasen. Ich bekomme Ausschlag an den Armen, fahre mit dem Taxi zum Flughafen, fliege zurück und gehe um Mitternacht in dreckigen Klamotten am Immigration-Schalter an den ganzen Touristen vorbei, hin zu dem für Singaporeans und bin eine halbe Stunde später wieder daheim. Danke Laura für dieses äußerst gelungene Wochenende! Ohne eure perfekte Führung hätte ich nur einen Bruchteil von Bangkok entdeckt und erlebt. Ich hoffe, ich kann mich revanchieren!
Meine Fotos
Zwei Stunden spaeter: einsteigen, einschlafen, aufwachen, aussteigen. Ortszeit halb acht, es ist dunkel, 30 Grad. An jeder Gangway steht in grossen gelben Buchstaben "LONG LIVE THE KING". Aha, einen Koenig haben die hier! Stimmt, ich erinnere mich an die Tagesschaubilder vom Militaerputsch im September, Panzer mit der gelben Flagge des Koenigs fuhren durch die Stadt. Seine Majestät König Bhumibol Adulyadej, Rama IX., (hat seit einem Autounfall am Genfer See ein Glasauge) wird von der Bevölkerung außerordentlich und freiwillig verehrt. In nahezu jedem Haushalt und öffentlichem Raum hängt sein Bild, jeden Montag tragen alle Thais gelbe Königs-T-Shirts. Vor jedem Kinofilm wird die Nationalhymne gespielt, dabei stehen alle auf und singen in Richtung des Königsbildes mit. Er wird wie ein Halbgott behandelt, wenn man sich über ihn lustig macht oder auf einen Geldschein (allesamt mit seinem Gesicht bedruckt) tritt, wird eine Gefängnisstrafe verhangen. Die Regierung hat die Seite youtube gesperrt, als Schmähvideos über den König auftauchten.
Lauras Zimmer ist sehr schoen, gross, hell, eigenes Bad, Balkon, Fernseher, Telefon. Einen grossen Pool gibt's auch :-)
Sie bezahlt dafuer knapp 200 Euro, die Haelfte des Praktikantenlohns. Studierte Thais von einer guten Uni mit Top-Abschluss verdienen im Monat ca. 300 Euro. Wir sind hier also im gehobenen Viertel, wo die Reichen wohnen. Deshalb ist es auch kein Problem nachts alleine auf der Strasse zu sein.
Fuer den Willkommensdrink gehen wir in einen Antiquitaetenladen, der abends als Cafe genutzt wird. In der oberen Etage feiert der Bruder des Besitzers Eroeffnung seiner Kneipe. Ein bunter Raum mit verschiedenen Tischen und Stuehlen, eine Band spielt jazzartige Musik, alles ist voller Thais. Sehr nett! Es gibt Salat mit Lachs und Whiskey-Cola. Ich erzaehle Laura, Tina und Patrick, den drei Bangkoker Praktikanten, vom sauberen Singapur. Dann machen wir - oder besser gesagt sie - einen Plan, wie wir moeglichst viele Sehenswuerdigkeiten ohne Stress in zwei Tage packen. Am besten ich fange gleich mit der ersten an: Thai-Massage. Einmal um die Ecke und ich stehe vor einem Massagesalon, abends um zehn, innen vier junge Frauen, rosa Waende, helle Sessel, Betten mit Vorhang, huebsch dekoriert mit gefalteten Handtuechern und Rosen. Ich werde herzlich empfangen, bekomme weisse Pantoffeln angezogen, etwas zu trinken. Dann stellen sie meine Fuesse in warmes Wasser, eine Frau waescht sie mit einer Buerste und Seife. Sie trocknet sie liebevoll ab. Ich werde gebeten mich auf ein Bett zu setzen, der Vorhang geht zu, Dudelmusik a la Richard Clayderman an. Weite Leinenhosen und ein Schlafanzughemd (frisch gewaschen und gebuegelt) werden mir gereicht. Dann kommt die Dame zu mir. Es ist ein seltsames Gefuehl, eine Mischung aus Krankenhaus und Reeperbahn. Ich soll mich hinlegen, das komische Gefuehl verfliegt. Sie beginnt bei den Fuessen, arbeitet sich an den Beinen hoch. Dann die Arme, der Ruecken, Kopf und Nacken. Ich schlafe fast ein. Ein Traum! Nach einer Stunde ist es leider schon vorbei, ich bekomme noch einen Tee, bezahle 200 Baht (das sind 4 Euro) und verspreche morgen wiederzukommen. Danach ist nichts mehr mit mir anzufangen, ich gehe an Familien, die auf dem Buergersteig wohnen, Kakerlaken und heiligen Baeumen, geschmueckt mit bunten Tuechern und Opfergaben, vorbei nach Hause.
Sonnabend
4.30 am Morgen klingelt der Wecker. Erleben ist wichtiger als Erholen, mehr als fuenf Stunden Schlaf braucht man nicht! Wir (Laura, Tina, Patrick) wollen auf einen Floating Market, eine Art schwimmender Markt ausserhalb der Stadt. Wir fahren mit dem Taxi zur Busstation, dort treffen wir Kig (Mädchen) und Chao (Junge), zwei junge, hübsche Thais von Siemens, die uns begleiten wollen. Das ist das Beste was einem hier passieren kann, jemanden dabei zu haben, der diese Sprache kann und sich nicht ueber den Tisch ziehen laesst. Sie suchen uns den richtigen Bus, verhandeln die Preise und beantworten alle unsere Fragen. Wir wollen ihnen dafuer wenigstens die Tour bezahlen, sie lehnen ab, wir bestehen darauf.
Um zehn fahren wir wieder zurueck, der Markt ist noch am Vormittag zu Ende, sonst laesst sich's wahrscheinlich vor Hitze nicht aushalten. Es sind 36 Grad im Schatten. Wir unterbrechen die Fahrt an einer grossen Pagode namens Phra Pathom Chedi. Ein gigantisches Bauwerk (127 m hoch) mit unzaehligen Buddhastatuen. Es gibt an einer abgelegenen Stelle eine Hoehle mit einem kleinen Loch als Eingang, wir kriechen durch winzige Gaenge und entdecken am Ende einen kleinen, dicken Buddha mit der Aufschrift "Happy Monk" :-) Was will man uns wohl damit sagen?
Auf dem Weg zurueck nach Bangkok sehe ich zwei Elefanten auf der Wiese, meine ersten in (fast) freier Wildbahn.
Mittagessen am Busbahnhof in einem gehobenen Lokal. Ich esse Reis und Grünzeug, man isst hier nur mit Löffel und Gabel. Frauen, die etwas auf sich halten, haben den Löffel in der rechten Hand. Danke für den Hinweis, Laura!
Naechstes Ziel: der Chatuchak. Ein Wochenendmarkt mit 15.000 (ja, fuenfzehntausend) Staenden und wohl 200.000 Besuchern. Ein Gelände, auf dem wir nach vier Stunden vielleicht 1/20 von allem gesehen haben. Es gibt hier alles: von traditionellen Kleidern über Jeans, Schmuck, Moebel, Kunst, Medizin, allerlei lebende Tiere (auch Hunde und Schlangen) und und und ... Wahnsinn! Dabei kostet jedes Kleidungsstueck in angemessener Qualitaet hoechstens drei Euro. Es gibt aber leider nur Einheitsgroessen, so dass wir staemmigen Europaeer die Jeans schonmal vergessen koennen :-) Dank groesster Zurueckhaltung habe ich mich auf zehn Kleidungsstuecke beschraenken koennen. Und ein paar Turnschuhe fuer 5 Euro, die ich schon lange noch in Deutschland fuer 80 Euro haben wollte. Handeln ist Pflicht, es gibt keine angeschriebenen Preise, man beginnt ungefaehr beim Doppelten. Zwischendrin laden unzaehlige Essens- und Obststände zum Verweilen ein. Mein Hauptnahrungsmittel ist Melone und süße Ananas. Dicht gefolgt von frisch gepresstem Saft von allen mögliche Früchten für 40 cent.
Um sechs schließt der Markt, zum Glueck, sonst waeren wir wahrscheinlich die ganze Nacht geblieben. Wir fahren mit dem Tuk Tuk nach Hause. Nach einigen Verhandlungen auf Thai (Respekt, Laura!) und dubiosen Angeboten wie Zwischenstopps zum Einkaufen, die den Fahrern Tankgutscheine bringen, findet sich ein bezahlbares.
Es ist ein besonderes Erlebnis sich auf einer zweispurigen Straße, die vierspurig befahren wird, mit hohem Tempo durch die im Stau stehenden Busse und Autos zu schlängeln. Man fuerchtet fast das Dreirad kippt um! Hier fuehlt man den Smog besonders deutlich. Man muss sich das ungefaehr so vorstellen, wie wenn man die ganze Zeit mit dem Gesicht direkt vor dem Auspuff eines alten Busses steht, aus dem unablässlich heisse, schwarze Luft gestoßen wird. So fuehlt sich das hier die ganze Zeit an! Dazu 36 Grad und extrem hohe Luftfeuchte. Ich kann jeden verstehen, der eine Atemmaske trägt! Die Haut klebt und ist voller Staubpartikel, meine weiße Hose ist schon am ersten Tag grau.
Da hilft nur eins: Ab in den Pool und dann zur Fußmassage :-) Eine Stunde werden die Fuesse mit Oel eingerieben, die Waden massiert, Reflexzonen gedrueckt. In der Nachbarkabine schnarcht schon jemand. Am Ende gibts noch eine Massage fuer Haende, Nacken und Kopf, damit man wieder wach wird. Das hilft bei mir leider auch nicht mehr. Ich kann nur noch nach Hause trotten, Pub und Party absagen und selig einschlafen.
Sonntag
Sieben Uhr aufstehen ohne Probleme. Schade um das Bangkoker Nachtleben, aber man muss Prioritäten setzen. Motto des Tages: Sightseeing. Zuerst zum Grand Palace (Phra Borom Maha Ratcha Wang) mit dem Skytrain, ein sauberer und schneller Zug über der Stadt, dann mit dem Expressboot, eine effizientes Verkehrsmittel, denn auf dem Fluss ist kein Stau. Das Wasser ist braun und voller gruener Zweige, bewohnt u.a. von meterlangen Echsen. Aber noch lange nicht so unrein, wie die unzaehligen Klongs. Man sagt, wenn man da als Europäer rein fällt, bleiben einem nicht viele Tage zu leben. Die Bakterienzahl und -gefahr ist nicht zu unterschätzen. Bis 1950 waren die Klongs die einzigen Verkehrswege, dann wurden sie einfach zugeschuettet und zu Straßen umgebaut.
Auf diesen wird man ständig von Leuten angesprochen, die einem eine Tour oder sonstwas verkaufen wollen. Es passiert genau das, was im Reiseführer steht: Dieser Tempel sei angeblich gerade geschlossen, sie koennten einen zu einem anderen bringen, nur ein kleines Stueck weiter weg ... Aber das ist natürlich alles gelogen!
Den Grand Palace darf man nur in angemesser Kleidung betreten: bedeckte Schultern und Knie für Männer wie Frauen, sonst muss man sich einen Sarong ausleihen. Ich erspare Euch jetzt die Details, ich kann es eh nicht auch nur annähernd so beeindruckend wiedergeben wie es aussieht.
Wir ziehen unsere gelben Königs-T-Shirts an und werden sogleich Fotomotiv von anderen Touristen ("Please photo, your are so beautiful!"). Die Hitze macht uns trotz Nieselregen zu schaffen, wir verlassen das Gelände und gehen über einen Amulettmarkt (drei Straßen voller Amulettverkäufer und -käufer) zum Taxi. Wir steigen ein, der Fahrer weigert sich das Taxameter einzuschalten, wir steigen wieder aus. Mopedtaxi waer auch ne Alternative :-) Ich moechte noch die Khao San Road sehen, DAS Backpackerviertel. Es ist wie angekündigt, voller Individualtouristen, die irgendwie alle gleich aussehen, ein Hostel am anderen, unzählige Läden, Kneipen und so weiter. Davor die fahrbaren Essensstände, wo es die oft erwähnten Fleischspiesse gibt, bei denen man nicht ausschließen kann, dass es sich nicht um gebratenes Ratten- oder Hundefleisch handelt.
Iss nur was Fluegel hat! Dann doch lieber Shopping, nur ein bisschen. Ich werde von einem Ladyboy bedient. Unverkennbar. Er (oder sie?) lässt sich gerade die Beine von einem Mädchen eincremen. Sie scheinen hier in die Gesellschaft integriert zu sein, zumindest arbeiten sie ganz normal. Überhaupt ist Homosexualität hier bei weitem nicht verpönt. Der freie Umgang damit steht im Gegensatz zu der konservativen Einstellung was heterosexuelle Praktiken angeht.
Ich besteige noch den Golden Mount, eine goldüberzogene 58 m hohe Kuppel, fuer einen herrlichen 360°-Blick über die Stadt. Wir liegen gut in der Zeit, auf nach Little India. Dort wo wir es vermuten, ist nichts indisch und doch alles anders. Ein dunkles Viertel mit noch mehr Elend, Smog und Dreck. Ich kann es nicht beschreiben, ich hoffe, die Bilder sprechen für sich. Wir probieren giftgrüne, schwabbelige Süßigkeiten mit Sesam, eingetaucht in eine braune Sauce, die wie Karamelsirup schmeckt. Es gibt keinen Fleck, wo man mal kurz sitzen könnte. Die Hinterhöfe zeigen erbärmliche Wohnzimmer, ausgelegt mit Zeitungen und Platiktüten, Menschen liegen darauf rum und vertreiben die Fliegen. Uns wird ganz plötzlich schlecht, wir müssen hier raus. Wir fahren zum nobelsten Platz, dem Siam Center, waschen uns die Hände, kaufen Sushi zum Mitnehmen und dinnieren vorzüglich am Springbrunnen. Haut und Haare kleben noch immer von einem Gemisch aus Schweiß, Luftfeuchte, Staub und Abgasen. Ich bekomme Ausschlag an den Armen, fahre mit dem Taxi zum Flughafen, fliege zurück und gehe um Mitternacht in dreckigen Klamotten am Immigration-Schalter an den ganzen Touristen vorbei, hin zu dem für Singaporeans und bin eine halbe Stunde später wieder daheim. Danke Laura für dieses äußerst gelungene Wochenende! Ohne eure perfekte Führung hätte ich nur einen Bruchteil von Bangkok entdeckt und erlebt. Ich hoffe, ich kann mich revanchieren!
Meine Fotos
3 Comments:
Ein toller Ausflug! Wäre ich dort gewesen, hätten die Tage sicher im Zeichen der aufregenden Thai-Küche gestanden. Zeit hätte ich genug gehabt, da mir ja bei den kleinen Einheitsgrößen ein Marktbesuch nichts genutzt hätte: Für jedes Bein eine aufgetrennt, umgenähte Jeans.
Sei froh, dass du dem Shoppingwahn nicht verfallen kannst!
Es gaebe allerdings auch Wickelkleider :-) Das sollten wir ausprobieren!
du machst bei mir fernweh... meld dich doch mal wieder per mail. du fehlst mir doch so.
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